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Das Bistum Münster 7,1. Die Diözese - Germania Sacra

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§ 47 . Weltliche Zentralbehörden 607<br />

Reinhold Lüdicke vermutete die Wurzeln für "eine wirkliche Zentralverwaltungsbehörde",<br />

die unabhängig vom Hofstaat und kollegialisch arbeitete, in den<br />

Statthalterschaften, die sede vacante die Stiftsregierung übernahmen (Lüdicke<br />

S. 11 f.), doch stehen dem Schwierigkeiten entgegen. Zu den unabdingbaren<br />

Grundzügen einer Behörde gehört deren Kontinuität. <strong>Die</strong>ser Charakter fehlt<br />

aber den Statthalterschaften völlig. Sie waren im Gegenteil von vornherein auf<br />

begrenzte Zeit ins Leben gerufene Gremien. Keine der späteren Behörden läßt<br />

sich denn auch auf eine Statthalterschaft zurückführen. Als Vorstufe echter Behörden<br />

sind eher die Versuche der Landstände zu werten, neben der fürstlichen<br />

Landesverwaltung eine dauernde, ständisch geprägte Mitregierung aufzubauen.<br />

D as wirkungsvollste Mittel zur Durchsetzung dieses Zieles bildete das Wahlrecht<br />

des Domkapitels (Schmitz-Kallenberg S. 18 f.). Mit seiner Hilfe wurde dem<br />

Elekten Konrad 1309 das Landesprivileg abgerungen, das Handhaben bot, sich<br />

kontinuierlich in die Landespolitik einzumischen und sogar dafür ein eigenes<br />

Organ zu schaffen. <strong>Die</strong> Stände knüpften an die Vorgänge von 1272 an, als<br />

infolge der Doppelwahl das Stift herrenlos geworden war und die Mehrheit des<br />

Kapitels beschloß, einen Stiftsverweser in Gestalt Graf Ottos von Tecklenburg<br />

zu berufen, um die zunehmende Gesetzlosigkeit im Lande zu steuern. Dem<br />

Verweser wurde ein Rat aus sieben Domherren, dem Grafen von der Mark<br />

und fünf Ministerialen zur Seite gestellt, an dessen Zustimmung der Verweser<br />

gebunden sein sollte. Über Dauer und Wirksamkeit dieses Rates ist nichts bekannt.<br />

Er wurde wohl nach der Absetzung Bischof Ottos 1306 neu belebt und<br />

an der Entstehung des Landesprivilegs von 1309 beteiligt (ebd. S. 44 f.).<br />

Hier mögen Ansätze zur Kontinuität spürbar sein, doch blieb der ständische<br />

Rat eine vorübergehende Erscheinung. <strong>Das</strong>selbe gilt für die unter Bischof Ludwig<br />

von Hessen in den Jahren 1336 bis 1356 ununterbrochen wirkenden Räte,<br />

die einen großen Teil der Landesregierung an sich zogen, so daß dem Landesherrn<br />

wenig mehr überblieb, als dessen Beschlüsse gutzuheißen. In ähnlicher<br />

Weise arbeitete ein Stiftsrat unter Florenz von Wevelinghoven. Von formierten<br />

Behörden ist jedoch nirgends die Rede.<br />

Erst die Schwierigkeiten infolge des Täuferaufstandes scheinen den Stein ins<br />

Rollen gebracht zu haben. Vielleicht wirkten auch Vorbilder aus den Stiften<br />

Minden und Osnabrück mit, die Franz von Waldeck ebenfalls besaß, um die ständischen<br />

Räte durch Bürgerliche zu erweitern, doch kam es auch jetzt nicht zu einem<br />

formierten Verwaltungsgremium. Selbst unter Johann von Hoya, einem<br />

erfahrenen Juristen, führte der Weg nicht darüber hinaus, wenn er selbst auch<br />

das von ihm so genannte Kollegium der Landräte als in seinen <strong>Die</strong>nsten stehend<br />

kennzeichnete (Kirchhoff S. 190). Bestenfalls enthielt dieses Kollegium "Keime<br />

einer künftigen Entwicklung" (Lüdicke S. 113), war aber kein collegiumformatum.<br />

Im kritischen Jahr 1546 bestimmte der Landtag einige Verordnete, die den<br />

Landesherrn über Auswege aus der Gefahr beraten sollten. <strong>Die</strong> Stände legten<br />

dazu dem Fürsten ein "Regierungsprogramm" vor, das die dringendsten Schritte

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