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Das Bistum Münster 7,1. Die Diözese - Germania Sacra

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690 4. Verfassung<br />

streng nach Häuserklassen, wie Schultenhöfe, Voll-, Halb- und Viertelerben,<br />

Erbkotten, Markkotten, Brinksitzer, Backhäuser usw. Jedoch richtete sich die<br />

Klassifizierung im 17. Jahrhundert nicht mehr nach historischen Verhältnissen,<br />

sondern nach der Wirtschaftskraft eines Hofes. Ein heruntergekommener Schultenhof<br />

konnte durchaus als Halberbe erscheinen. Wenn von wüsten Stätten<br />

keine Steuer einkam, fiel das dem Landesherrn zur Last. Im Durchschnitt erbrachte<br />

eine Kirchspielschatzung im 18. Jahrhundert rund 300000 Rtl.<br />

Nicht klar ersichtlich ist, wie die Veranschlagung praktisch vor sich ging. <strong>Die</strong><br />

Aufsicht darüber führten die Amtsrentmeister. Vielleicht halfen die Pastoren bei<br />

der Beschaffung der Angaben, oder es wurden Boten eingesetzt wie beim Gemeinen<br />

Pfennig 1495/97. Alle Erträge flossen in die Pfennigkammer, soweit<br />

sie nicht für Bedürfnisse des Amtes benötigt wurden (Metzen S. 86 - 95). Der<br />

Landesherr hatte keinen unmittelbaren Zugriff auf die Gelder der Pfennigkammer.<br />

Offensichtliche Härten bei der Veranlagung wurden durch Moderationen<br />

ausgeglichen, meist in Höhe von 1 000 Rtl. für ein Kirchspiel. Beihilfen an<br />

Städte, etwa für hohe Einquartierungslasten oder Feuersbrünste, nannte man<br />

Levamen. Ihre Höhe richtete sich nach dem Umfang des Schadens. Ausschließlich<br />

für die Ämter ausgeschriebene Steuern (Amts-Extraordinarien) und die von den<br />

Kirchspiels-Konventionen beschlossenen Kirchspiels-Extraordinarien wurden<br />

gesondert erhoben und nicht an die Zentralkasse abgeliefert (Ohde S. 40 ff.).<br />

<strong>Die</strong> Höhe der von den Landständen bewilligten Landschatzungen schwankte<br />

(Zusammenstellung für das 16. Jahrhundert: Kirchhoff S. 118 f.). Seit 1522 traten<br />

Forderungen des Reichstags zur Abwehr der Türkengefahr hinzu, denen seit<br />

1526 entsprochen wurde (ebd. S. 119 f.). <strong>Die</strong> ungewöhnlich hohen Kosten anläßlich<br />

des Täuferaufstandes verstärkten den Steuerdruck erheblich (ebd. S. 120-<br />

123). Einmal eingeführte Schatzungsarten blieben nach 1535 weiter bestehen.<br />

Seit 1538 kamen die erwähnten Kirchspielschatzungen hinzu, die drei Jahrzehnte<br />

später bereits regelmäßig erhoben wurden (ebd. S. 124-133). Zwar brachte<br />

diese Steuer gegenüber der keinen Unterschied zwischen arm und reich kennenden<br />

Kopfsteuer einen sozialen Fortschritt mit sich, war aber weit davon entfernt,<br />

die Einwohner gerecht zu belasten. Im wesentlichen ruhte die Steuerlast nach<br />

wie vor auf den Schultern der Bauern. <strong>Die</strong> privilegierten Stände blieben von der<br />

Steuer befreit, die Städte begünstigt. Selbst die sogenannte "Erbherrensteuer"<br />

richtete sich nach dem Besitz des Erbherrn an Erben und Kotten und konnte<br />

bestenfalls als Beitrag der Grundbesitzer zu den Leistungen der Kolonen und<br />

Kötter angesehen werden. Empört über die neue Kirchspielschatzung protestierte<br />

der Adel dagegen, daß die von den Landständen geduldete Personenschatzung<br />

jetzt durch eine Besteuerung des Realbesitzes abgelöst werde. <strong>Die</strong><br />

Personenschatzung sahen die Grundbesitzer als hoheitliche Besteuerung der<br />

Untertanen durch den Landesherrn an. Dagegen erschien ihnen die Kirchspielschatzung<br />

als Eingriff in ihre privatrechtliche Sphäre, durchaus nicht zu Unrecht.

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