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Das Bistum Münster 7,1. Die Diözese - Germania Sacra

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§ 39. Visitationen 523<br />

der Gemeinden überzeugte. Zweifellos war in den ersten Jahrhunderten nach<br />

der Missionierung daran gedacht, das Augenmerk des Visitators aef Reste heidnischen<br />

D enkens in der Bevölkerung zu richten. D aneben standen schwerere<br />

Vergehen im Mittelpunkt des Interesses, später in zunehmendem Umfang auch<br />

weniger auffällige und geheime Verstöße gegen kirchliche und sittliche Vorschriften.<br />

Um den Visitationen eine gewisse Einheitlichkeit zu verschaffen, bürgerten<br />

sich formuiae visitationis ein, die sich aus einer Reihe von Fragen zusammensetzten.<br />

D eren Zahl stieg stetig an. Bei der bischöflichen Visitation von 1571 in der<br />

D iözese <strong>Münster</strong> betrug sie bereits 29<strong>1.</strong> Außer persönliche Verhältnisse der<br />

Geistlichen und ihre Anschauungen betrafen die Fragen auch Kirchengebäude,<br />

liturgische Gerätschaften, Vermögensverhältnisse der Gemeinde und Zustände<br />

unter den G emeindegliedern.<br />

<strong>Die</strong> ausgedehnten <strong>Diözese</strong>n im alten Sachsenland brachten es mit sich, daß<br />

neben den Ordinarien auch die Archidiakone spätestens seit dem 12. Jahrhundert<br />

in der Beaufsichtigung zunehmend eine Rolle spielten. <strong>Die</strong> Neuordnung<br />

der münsterischen Archidiakonate durch Bischof Hermann II. um das Jahr 1185<br />

verfestigte die Stellung der Archidiakone so, daß man diese zu Recht als quasiepiscopi<br />

bezeichnen konnte. <strong>Die</strong> wichtigsten Archidiakone mit den ausgedehntesten<br />

Bezirken gehörten dem Domkapitel an. Sie traten potestate ordinaria auf, also<br />

kraft eigener Vollmacht, und verdrängten so praktisch den Bischof aus ihren<br />

"Unterdiözesen". <strong>Die</strong> Fürstbischöfe, die sich seit dem Hochmittelalter vorwiegend<br />

als Landesherren, weniger als Ordinarien betrachteten, sahen dem Treiben<br />

zu, ohne Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Im Gegenteil: <strong>Das</strong> Domkapitel nutzte<br />

im Interesse seiner Archidiakonen jede Gelegenheit, um eine Stärkung der bischöflichen<br />

Stellung, etwa durch die Berufung von Offizialen oder Generalvikaren,<br />

zu hintertreiben.<br />

So verwundert es wenig, daß aus dem Mittelalter keine Zeugnisse für bischöfliche<br />

Visitationen der <strong>Diözese</strong> <strong>Münster</strong> vorliegen. Visitationen fanden allein<br />

durch die Archidiakone statt. <strong>Die</strong> Reise Bischof Everhards durch das Archidiakonat<br />

Friesland im Jahre 1283 (MGH.SS.23 S. 561 ff.) kann angesichts des andersartigen<br />

Charakters dieses <strong>Bistum</strong>steils kaum als Visitation eingestuft werden.<br />

Sie trägt eher den Charakter einer Huldigungsfahrt durch ein nur locker mit<br />

dem Hauptteil der <strong>Diözese</strong> verbundenes Land. Vom Bemühen der Bischöfe<br />

anderer <strong>Diözese</strong>n, im 14. Jahrhundert gegen den Widerstand der Betroffenen<br />

Visitationen durchzusetzen (Feine S. 269 ff.; Schröer, Vor der Reformation 1<br />

S. 25), läßt sich in <strong>Münster</strong> keine Spur entdecken, es sei denn die am 22. September<br />

1310 von Papst Clemens V dem münsterischen Elekten Ludwig von Hessen<br />

auf drei Jahre erteilte Vollmacht visitandi per aiiquam seu aiiquas personas idoneas<br />

ecclesias, monasteria, ioca et personas suae civitatis et dioecesis et consuetas in pecunia numerata<br />

procurationes recipienda moderatas (WestfUB 8 S. 200 Nr. 568). E rst Bischof Johann

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