25.10.2013 Aufrufe

Die Anderen - Über mich

Die Anderen - Über mich

Die Anderen - Über mich

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Die</strong> <strong>Anderen</strong><br />

by Frauke Feind<br />

halten würde. Wenn wenigstens die Mitgefangenen wach gewesen wären, dass hätte ihn ab-<br />

gelenkt. Herzhaft gähnte er und dachte dann krampfhaft an Kate. Der Gedanke an die hübsche<br />

junge Frau, in die er sich wirklich heftig verliebt hatte, half ihm, die Müdigkeit ein wenig ab-<br />

zuschütteln. <strong>Die</strong> Minuten zogen sich zäh dahin. Seit sie alle hier unten aufgewacht waren<br />

hatten sie kein Tageslicht mehr gesehen, noch ein Uhr oder irgendwas, an dem sie sich hätten<br />

orientieren können, welche Tageszeit gerade war. Da sie auch nicht im Entferntesten eine Idee<br />

hatten, wie lange sie betäubt gewesen waren, die meisten von ihnen hätten nicht einmal<br />

präzise die Zeit nennen können, zu der der Chloroformgeruch im Flugzeug aufgetreten war,<br />

war die Desorientierung von der ersten Minute an perfekt gewesen. Essenszeiten, Schlafens-<br />

zeiten, Zeiten, in denen Tests oder Versuche mit ihnen durchgeführt wurden, all das wechselte<br />

vollkommen willkürlich einander ab. Jeder Versuch, irgendeinen Rhythmus darin zu er-<br />

kennen, war sinnlos. Hier zu liegen, nicht zu wissen, wie lange dieser Zustand schon an-<br />

dauerte, oder wie lange er noch andauern würde, war an sich schon Folter.<br />

Nach einiger Zeit begann es Sawyer zu Dämmern, warum Schlafentzug als beliebte so<br />

genannte Weiße Folter sehr häufig eingesetzt wurde. Wenn er sich wenigstens hätte frei be-<br />

wegen können, wäre es wesentlich einfach gewesen. <strong>Die</strong>ses starre Liegen, die Ruhe um ihn<br />

herum, die angenehmen, warmen Temperaturen in ihrem Verließ, das alles trug dazu bei, die<br />

drückende Müdigkeit, die ihn gepackt hatte, zu verstärken. Immer häufiger riss er gewaltsam<br />

die Augen auf, um nicht einzudösen. Irgendwann spürte er dann ein anderes, unangenehmes<br />

Problem sich nähern. Er hätte dringend auf die Toilette gemusst. Allerdings half ihm der zu-<br />

nehmende Druck in seiner Blase, die Müdigkeit in seinen Knochen ein wenig zu verdrängen.<br />

Je schlimmer der Drang zu pinkeln wurde, desto weniger merkte er, dass er zum Umfallen<br />

müde war. Er lag zuckend und sich windend soweit es die Fesseln zuließen auf seiner Liege<br />

und knirschte mit den Zähnen. Sie würden ihn doch wohl nicht zwingen, sich hier nass zu<br />

machen.<br />

Gerade, als er dachte, es nicht mehr auszuhalten, hörte Sawyer das leise Klicken der<br />

Kerkertür. Ein Mann mit einem Metalltablett in der Hand näherte sich seiner Liege. Sawyer<br />

sah sehr skeptisch zu dem weiß gekleideten Mann auf. - Arzt - dachte er kurz. Was sollte das<br />

werden? Der Typ hatte dünne Gummihandschuhe an und würdigte Sawyer keines Blickes. Er<br />

stellte das Tablett auf Sawyers heftig sich hebenden und senkenden flachen Bauch ab, dann<br />

nahm er einen dünnen Schlauch, an dessen Ende ein Plastikbeutel baumelte, von dem Tablett.<br />

Er desinfizierte den Schlauch mit einer Flüssigkeit aus einer kleinen Flasche, trug ein anti-<br />

septisches Gleitmittel auf den Schlauch auf, tränkte einen Wattebausch ebenfalls mit dem<br />

Desinfektionsmittel, schlug Sawyers Kittel zurück, griff gleichgültig nach dessen Penis und<br />

129

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!