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Die Anderen - Über mich

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<strong>Die</strong> <strong>Anderen</strong><br />

by Frauke Feind<br />

Bones war vollkommen verwirrt, sie konnte mit ihren seltsamen Gefühlen nicht um-<br />

gehen. Sicher, sie kannte es, anderen Menschen nicht gleichgültig gegenüber zu stehen, ihr<br />

Team war ihr durchaus wichtig und sie mochte Angela unglaublich gerne. Was sie aber jetzt<br />

gerade empfand, war vollkommen neu für die kühle, rational denkende Frau. Der dringende<br />

Wunsch, diesen Mann dort auf dem grässlichen Gestell in den Armen zu halten, ihm beizu-<br />

stehen, ihm irgendwie zu helfen. Wie sollte ihm das helfen? Bones begriff nicht, warum sie so<br />

empfand. Er war nur ein Freund. War er das wirklich? War es das, wovon Angela sprach,<br />

wenn sie ihr echte Liebe zu erklären versuchte? Das war völlig irrational. Natürlich hatte<br />

Tempe Beziehungen zu Männern gehabt, diese aber eher als notwendige Erfüllung ihrer<br />

sexuellen Bedürfnisse erlebt. Zu Booth hatte sie sich schon lange hingezogen gefühlt, aber<br />

das hatte sie bisher nicht anders eingeordnet als ihre Gefühle für ihre Mitarbeiter. Der Sturm<br />

der Empfindungen, der gerade in ihr tobte, ließ sich aber mit nichts vergleichen, was sie je<br />

gefühlt hatte. Der rasende Zorn auf dieses Unmenschen, die ihm das antaten, war der<br />

temperamentvollen Frau nicht fremd, wohl aber der irrationale Wunsch, lieber selbst seine<br />

Qualen auf sich zu nehmen, als ihn so leiden zu sehen. Ihr analytischer Verstand und ihre<br />

medizinischen Kenntnisse sagten ihr, dass Booth noch keineswegs in akuter Gefahr war.<br />

Dennoch ertappte sie sich dabei, jedes Mal heftig zusammen zu zucken, wenn er leise stöhnte<br />

oder gepeinigt die Augen zusammen kniff. Jedem anderen hätte sie gesagt, er solle sich nicht<br />

so albern anstellen, wenn ein Arzt professionell eine Routinehandlung bei ihm durchführte.<br />

Bei Booth jedoch litt sie plötzlich mit, fühlte die Scham und Demütigung, die er empfand.<br />

Das schlimmste war, dass Tempe sich sehr wohl darüber im Klaren war, dass dies<br />

gerade die Spitze des Eisberges war. In den nächsten Stunden würde es erst richtig losgehen,<br />

erst richtig hart werden für den Partner und Freund. Dann würde der Zeitpunkt kommen, wo<br />

es gefährlich werden könnte, wirklich gefährlich. Ihrer aller Verfassung nach der langen Ge-<br />

fangenschaft war physisch und psychisch schlecht, um es vorsichtig auszudrücken. Brennan<br />

hatte Dossiers über Schlafentzug gelesen, sowohl über den therapeutischen als auch über den<br />

als Folter eingesetzten Schlafentzug und ihr war durchaus bewusst, dass es im schlimmsten<br />

Falle bereits nach drei bis vier Tagen zu lebensbedrohlichen Situationen kommen konnte,<br />

besonders bei der Vorgeschichte, die sie alle hier bislang hatten erdulden müssen. Sawyer<br />

hatte noch das größte Glück gehabt, als diese Folter bei ihm angewendet worden war, war er<br />

psychisch noch in guter Verfassung gewesen. Tempe war inzwischen durchaus klar, nach<br />

welchen Richtlinien die Entführer diese Tests vornahmen. Sawyer war von den jüngeren<br />

Männern der einzige ohne irgendeine spezifische militärische oder polizeiliche Ausbildung.<br />

Aus diesem Grunde, vermutete Tempe, war mit ihm angefangen worden, als die physische<br />

und psychische Belastung noch nicht sehr groß gewesen war.<br />

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