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Die Anderen - Über mich

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<strong>Die</strong> <strong>Anderen</strong><br />

by Frauke Feind<br />

imstande wäre, ein System hinter der Willkür ihrer Entführer zu erkennen. Extreme Ver-<br />

unsicherung wollten sie sicher erreichen und das schafften sie mit erschreckender Mühelosig-<br />

keit. Dem smarten FBI Agenten, der so viele kritische Situationen gemeistert hatte, ging jeg-<br />

liches Verständnis für die Handlungsweise ihrer Entführer ab. <strong>Die</strong>ses Wechselspiel der Grau-<br />

samkeiten, Psychotests, Ruhephasen, vollkommen willkürliche Behandlung, egal, was die<br />

Gefangenen taten, all das diente nur dem einzigen Zweck, sie alle so gründlich zu Zermürben,<br />

wie es nur ging. Und bei sehr vielen von ihnen war dieses Ziel erreicht worden.<br />

Bisher war die extremste Aktion ein Fake gewesen, aber ob es dabei bleiben würde?<br />

Offenbar gingen diese Leute nach streng wissenschaftlichen Kriterien vor, behandelten ihre<br />

Gefangenen wie Versuchstiere, um ihre Belastungsgrenzen zu testen. Das musste durchaus<br />

nicht bedeuten, dass Probanden, die sich aus irgendeinem Grund als ungeeignet für was auch<br />

immer erwiesen, nicht so kalt und sachlich entsorgt würden wie Laborratten. Mulder war sich<br />

darüber im Klaren: Nur, weil Dana diesmal nicht getötet worden war, hieß das nicht, dass es<br />

so bleiben würde. Er war mehr denn je überzeugt, dass die Leute, in deren Händen sie sich<br />

befanden, keine Sekunde zögern würden, einen oder mehrere von ihnen wirklich gnadenlos<br />

und eiskalt zu entsorgen. Ihm lief eine Gänsehaut über den Rücken. Entschlossen schüttelte<br />

Mulder die belastenden Gedanken erst einmal ab. Leise und vorsichtig, um Dana nicht zu<br />

stören, stieg er aus dem Bett und sah sich in dem Raum, in dem er sich befand, um. Da hinten<br />

war ein kleiner Kühlschrank, an der Wand in der Ecke. Nackt ging Mulder hinüber und war<br />

einen Blick in den Kühlschrank. Er hatte Durst und griff nach einer Cola, die er fand. Er<br />

wollte so weit wie möglich sein inneres Gleichgewicht wieder finden. Es hatte keinen Zweck,<br />

eine der kostbaren Ruhephasen damit zu verschwenden, in Grübeleien zu verfallen, Fragen zu<br />

stellen, auf die es ohnehin keine Antworten geben konnte, weil sie entschieden zu wenig<br />

Informationen über ihre Entführer hatten.<br />

Er drehte sich zu Dana herum und beobachtete die geliebte Frau ein paar Augenblicke<br />

lang. Im Schlaf schienen all der Druck und die Angst von ihr abgefallen und sie lag entspannt<br />

und friedlich still. Mulders Augen füllten sich mit Tränen, die er ärgerlich weg wischte. Dass<br />

er sie nicht verloren hatte, drang immer noch nur Bruchstückchenweise in seinen Verstand<br />

vor. Es war das Furchtbarste gewesen, was ihm je widerfahren war, als er hilflos mit ansehen<br />

musste, wie sie hingerichtet wurde. Er hatte nicht das Geringste tun können, um sie zu be-<br />

schützen. Mehr als alles andere wünschte er sich, ihr glaubhaft versichern zu können, dass sie<br />

dieses Grauen überleben würden, aber sie war viel zu klug, um ihm eine solche Aussage ab-<br />

zunehmen. Er konnte nicht sagen, was ihn mehr belastete: die Angst um Dana und die Ver-<br />

zweiflung, als er sie vermeintlich hatte Sterben sehen, oder die Vorwürfe, die er sich machte,<br />

weil er sie nicht hatte schützen können. So sehr ihm bewusst war, dass solche Gedanken nicht<br />

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