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Die Anderen - Über mich

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<strong>Die</strong> <strong>Anderen</strong><br />

by Frauke Feind<br />

Das Wasser reichte John bis über die Hüften, als er sich vorsichtig, Schritt für Schritt,<br />

seine Umgebung keine Sekunde aus den Augen lassend, vorwärts arbeitete. Sein ausgeprägter<br />

Orientierungssinn zeigte ihm überdeutlich die Richtung nach Osten, die er laut Anweisung<br />

einzuhalten hatte. Vor sich, in einer Mangrove, sah er einen grünen Leguan hocken. Das Tier-<br />

chen beobachtete den Menschen misstrauisch. <strong>Über</strong> sich in den Baumwipfeln hörte er einige<br />

Eisvögel, die das reichhaltige Nahrungsangebot in den Mangrovensümpfen zu schätzen<br />

wussten und hier bevorzugt brüteten. John behielt alles sehr genau im Auge. Zum Glück war<br />

das Wasser relativ klar, es herrschte kaum Wind, sodass die Wellen den schlammigen Boden<br />

nicht allzu sehr aufgewirbelt hatten. In einiger Entfernung erkannte Locke ein rotes Band,<br />

welches um eine frei stehende Mangrove geschlungen war. Vorsichtig arbeitet er sich darauf<br />

zu. Er sah neben sich im Wasser plötzlich eine olivfarbene Seeschlange auftauchen. Ganz still<br />

blieb er stehen, bis das Tier verschwunden war. Er hatte gelernt, dass Seeschlangen zwar eine<br />

der höchsten Giftkonzentrationen im Tierreich hatten, aber sehr ruhige Tiere waren, die nur<br />

im äußersten Notfall beißen würden. Locke erreichte den Baum mit dem Band und orientierte<br />

sich kurz, dann stapfte er weiter. Und hörte hinter sich plötzlich lautes Plätschern.<br />

John drehte sich herum, ruhig, bedächtig waren seine Bewegungen. Er lauschte an-<br />

gestrengt und versuchte, den Standort des Geräusches ausfindig zu machen und zu<br />

fokussieren. Das Wasser in einiger Entfernung war aufgewühlt und John vermutete entweder<br />

ein Krokodil, oder, was schlimmer wäre, einen Hai, Bullenhaie zum Beispiel hielten sich<br />

gerne im Brachwasser von Mangroven auf. Langsam bewegte Locke sich rückwärts an die<br />

Mangrove hinter ihm heran. Er streckte die Hände nach hinten und bekam einen der größeren<br />

Äste zu fassen. Vorsichtig, hastige Bewegungen vermeidend, zog er sich an dem Ast in die<br />

Höhe und bekam so die Beine aus dem Wasser. Mit einem scharfen Messer bewaffnet oder,<br />

so wie jetzt, vollkommen schutzlos durch einen Mangrovensumpf zu waten, waren zwei<br />

völlig unterschiedliche paar Schuhe. Aufmerksam beobachtete John das brackige Wasser<br />

unter sich und dann sah er einen grauen Schatten vorbei huschen und im Hintergrund ver-<br />

schwinden. Erleichtert atmete John auf. Er hatte die schwarze Spitze an der Rückenfinne des<br />

Raubfisches erkannt. Ein Schwarzspitzenriffhai. <strong>Die</strong>ser eher kleinere Küstenbewohner war<br />

nicht sonderlich angriffslustig. John ließ sich langsam zurück ins Wasser gleiten und setze<br />

seinen Weg fort.<br />

Ein Blick auf die Stoppuhr verriet John, dass er noch dreiundvierzig Minuten Zeit<br />

hatte. Da er nicht wusste, wie weit der Weg war, beschleunigte er seine Schritte etwas, jedoch<br />

büßte er dabei keineswegs seine Aufmerksamkeit ein. Und das war gut so, denn auf einer<br />

kleinen Sandbank links von ihm erblickte er rechtzeitig ein vielleicht 3,50 Meter großes<br />

Saltie, ein Leistenkrokodil, Saltie in Anlehnung an sein Verbreitungsgebiet im Salzwasser<br />

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