25.10.2013 Aufrufe

Die Anderen - Über mich

Die Anderen - Über mich

Die Anderen - Über mich

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Die</strong> <strong>Anderen</strong><br />

by Frauke Feind<br />

Heimat empfinden, akzeptieren, dass wir dort hin gehören. <strong>Die</strong> Herrschaften konditionieren<br />

uns wie die Pawlowschen Hunde. Mit einem perfiden System von Strafe und Belohnung<br />

machen die uns gefügig.“ Mulder machte ein kleine Pause, dann fuhr er fort: „Sicher habt ihr<br />

alle auch Dankbarkeit empfunden, weil wir endlich unsere primitivsten Grundbedürfnisse<br />

stillen konnten. Wir sollen anfangen, unsere Peiniger als Wohltäter zu empfinden, ein ver-<br />

dammt geschickter Schachzug.“ „Wenn diese Bastarde sich einbilden, ich würde vor Dank-<br />

barkeit in die Knie gehen, weil ich auf die Toilette durfte, sind die Herrschaften auf dem<br />

Holzweg.“, knurrte House gereizt. Er wollte um keinen Preis zugeben, dass er, genau wie alle<br />

anderen auch, ungeheuer dankbar gewesen war, endlich zur Toilette zu dürfen.<br />

Nachdem alle fertig gefrühstückt hatten und alles wieder eingesammelt worden war,<br />

kamen mehrere Ärzte und nahmen die Verbandswechsel vor. Einige der Gefangenen erhielten<br />

nur noch leichte Verbände, bei Heather, Allison, House und Dana waren an den Füßen keine<br />

Verbände mehr notwendig, sie waren ja auch nicht stundenlang über den steinigen Acker ge-<br />

laufen. Nachdem auch das erledigt war, zogen sich die Ärzte zurück, dafür kamen nun diverse<br />

Wachposten herein und befreiten die Gefangenen von ihren Fesseln. Erstaunt erhielten sie<br />

auch alle frische Kittel und waren, schon wieder, dankbar, etwas erhalten zu haben, dass ihre<br />

Lage ein klein wenig erträglicher machte. Wie jeder, der ein wenig von Psychologie verstand,<br />

war auch Booth erschrocken darüber, mit welcher Leichtigkeit die Entführer es schafften, in<br />

ihren Opfern Dankbarkeit auszulösen. Ihm graute. Als sie sich mit den Kitteln bekleidet<br />

hatten, wurden sie alle aufgefordert, die Betten zu verlassen und bekamen die Hände auf den<br />

Rücken gefesselt. House durfte ohne Fesseln laufen, er erhielt sogar nach dem langen Liegen<br />

einen Stock. Minuten später trafen sie überrascht im Kerker ein. Da waren sie, ihre Zellen.<br />

Vollkommen erstaunt stellten die Gefangenen nun eine gravierende Neuerung fest. Statt der<br />

doch sehr unbequemen Liegen, die sie bisher zum Schlafen hatten nutzen müssen, waren<br />

ziemlich bequem aussehende Betten installiert worden. Mit Kopfkissen und Zudecken.<br />

Begeistert leuchteten die Augen der meisten Gefangenen auf. Richtige Betten. Mulder stutze.<br />

<strong>Die</strong>se Leute taten nichts ohne Grund, garantiert waren die Betten nicht aus reiner Menschen-<br />

freundlichkeit gebracht worden. Um die Gefangenen dazu zu bringen, dankbar zu sein und<br />

sich nach ihren Zellen zu sehnen, war diese Neuerung nicht nötig. Der Psychologe ahnte<br />

nichts Gutes, hütete sich aber, seine Zweifel zu äußern. <strong>Die</strong> Leidensgenossen hatten eine<br />

Atempause in all dem Horror redlich verdient. In der Verfassung, in der sich alle Gefangenen<br />

befanden, einige mehr, andere weniger, war nicht allzu viel mit ihnen anzufangen. Vielleicht<br />

sollte ja wirklich nur eine schnellere Regeneration gewährleistet werden, hoffte Mulder.<br />

Glauben konnte er das allerdings nicht so recht...<br />

345

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!