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Die Anderen - Über mich

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<strong>Die</strong> <strong>Anderen</strong><br />

by Frauke Feind<br />

ersten Durchgang sehr gut abgeschnitten zu haben, machte John sich an die Arbeit, obwohl es<br />

ihn ziemlich störte, nicht überprüfen zu können, wie gut oder schlecht das Ergebnis war.<br />

<strong>Die</strong>ser Durchgang kam ihm länger und anstrengender vor und er fühlte sich vollkommen aus-<br />

gelaugt, als er endlich aufhören durfte. Schon wieder die gleiche Aufgabe. Allmählich hatte<br />

John keine Lust mehr auf diesen ebenso anstrengenden wie langweiligen Test. <strong>Die</strong>smal ent-<br />

hielt die Notiz die Anweisung, den beiliegenden Kopfhörer aufzusetzen und die knappe Er-<br />

klärung, dass bei jedem Fehler ein Pfeifton ertönen würde. Rechts, links, links, rechts… Ein<br />

schrilles Pfeifen, das Locke durch Mark und Bein ging, ließ ihn zusammenzucken. Und gleich<br />

noch einmal. Mühsam riss er sich zusammen, versuchte, die Ruhe und Konzentration wieder<br />

zu finden. Eine Weile wurde er durch wohltuende Stille belohnt, dann wieder dieser ent-<br />

nervende Ton. John fühlte, wie ihm der Schweiß ausbrach und sein Kopf begann zu<br />

schmerzen. Immer häufiger ertönte das schrille Pfeifen, Locke konnte einfach nicht mehr. So<br />

erschöpft wie nach diesem Durchgang hatte John sich selten gefühlt. Er schlief ein, sobald<br />

sein Kopf die Liege berührte. <strong>Die</strong> obligatorische Untersuchung bekam er gar nicht mehr mit.<br />

- Hoffentlich nicht wieder dasselbe. - dachte John entnervt, als er sich auf den in-<br />

zwischen schon vertrauten Stuhl setzte. Nein, dieses Mal erschienen auf dem Bildschirm drei<br />

umgedrehte Becher. <strong>Die</strong> Anweisung lautete: Unter einem der Becher befindet sich eine<br />

Speisekarte. Findest du diese, entscheidest du, welchem der Gefangenen du eine Mahlzeit<br />

seiner Wahl zukommen lässt. Unter einem Becher befindet sich nichts. Wenn du diesen um-<br />

drehst, entscheidest du, wer heute nichts zu essen bekommt. Der dritte Becher enthält die üb-<br />

liche Nahrungszuteilung für einen Häftling deiner Wahl. Es wird 16 Durchgänge geben. John<br />

schluckte. <strong>Die</strong> eintönige Essenszuteilung begann allen Gefangenen zunehmend zuzusetzen,<br />

die Aussicht auf eine anständige Mahlzeit, wie sie die wenigen Glücklichen im Belohnungs-<br />

raum bekommen hatten, war mehr als verlockend. Er durfte keinen Fehler machen. - Ruhig,<br />

entspann dich. - sprach Locke sich in Gedanken selbst Mut zu. Er versuchte, seine Muskeln<br />

zu lockern und tief und ruhig zu atmen, um die Anspannung zu lösen. Es wollte ihm nicht<br />

gelingen, er brauchte Zeit, sich auf die neue Herausforderung einzustellen, aber genau diese<br />

ließ man ihm nicht. Es knackte und die kalte Lautsprecherstimme sagte: „Nummer 12, du hast<br />

je 30 Sekunden ab dem Signalton. Hast du bis dahin nicht gewählt, wird die Niete gewertet.“<br />

Schon erklang ein Glockenton und John versuchte verzweifelt, zu erahnen, unter welchem<br />

Becher der Gewinn steckte. Er hatte keine Ahnung und wählte auf gut Glück den linken<br />

Becher. Eine Niete, verdammt. John hatte keine Zeit, darüber nachzudenken, schon er-<br />

schienen die Becher wieder und der Signalton erklang. Für einen Moment schloss Locke die<br />

Augen und versuchte, ein Gefühl dafür zu bekommen, welcher dieser verflixten Becher die<br />

begehrte Mahlzeit symbolisierte. Irgendwie hatte er ein gutes Gefühl bei dem in der Mitte.<br />

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