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Die Anderen - Über mich

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<strong>Die</strong> <strong>Anderen</strong><br />

by Frauke Feind<br />

„Danke, ist mir aber klar.“ Dana nickte verstehend und wandte den Blick wieder Mulder zu.<br />

Bei allem Entsetzen verspürte dieser jetzt beinahe so etwas wie Erleichterung. Dana wusste<br />

genau, wie sie sich verhalten musste, um wenigstens nicht groß leiden zu müssen. Er war es<br />

ihr schuldig, ihr in diesen letzten Minuten ihres Lebens beizustehen, so gut er konnte. Also<br />

drängte er mit letzter Kraft die Tränen zurück und versuchte, Danas Lächeln zu erwidern und<br />

seine ganze Liebe in den Blick zu legen. Das fiel ihm nicht schwer. - Ich bin bei dir, Dana,<br />

und dein Dad wartet auf dich. - Mulder wusste natürlich, dass sie seine Gedanken nicht lesen<br />

konnte, hoffte aber, dass seine beinahe hypnotischen Gedanken irgendwie zu ihr dringen<br />

würden. <strong>Die</strong> Blicke der Beiden versanken ineinander, schalteten die Umwelt aus. In diesem<br />

letzten, kostbaren Augenblick waren sie alleine auf der Welt und einander so nahe, wie Dana<br />

es selten zugelassen hatte.<br />

Sawyer konnte den Blick nicht von Kate wenden. So gerne hätte er sie getröstet, ihr<br />

gesagt, dass es für ihn in Ordnung war, nun zu gehen. Er empfand jetzt, wo es soweit war,<br />

keine Angst mehr. Was er empfand war Trauer, unendliche Traurigkeit darüber, nun nicht<br />

mehr mit Kate alt werden zu können. Er hatte ihr in Sydney in einem romantischen Moment<br />

versprochen, mit ihr nach Rom zu fliegen. Sie wollte so gerne einmal das Kolosseum sehen,<br />

die Maxentiusbasilika, den Petersdom, den Circus Maximus, das Pantheon. Sie wollte so<br />

gerne zusammen mit ihm in die Ewige Stadt. - Nun musst du dir Rom mit jemand anderem<br />

anschauen, Kleines - dachte er - Aber ich werde immer bei dir sein und dich begleiten - Er<br />

schluckte. Den Hinweis von Dana, möglichst tief einzuatmen, hätte er nicht benötigt. Er<br />

wusste Bescheid. Er hoffte nur, er würde es auch wirklich schaffen. Sawyer war zerrissen in<br />

seinen Empfindungen. Einerseits wollte er unter keinen Umständen, dass Kate zusehen<br />

musste, wie er starb. Andererseits war er dankbar, dass ihr Anblick, ihr Gesicht, das Letzte<br />

war, was er sehen würde. Er wollte den Anblick mit hinüber nehmen ... Kate realisierte mit<br />

Verzögerung, dass Sawyer sie sah. Und ihr war klar, dass er seinen Blick nicht mehr von ihr<br />

wenden würde, bis es vorbei war. Und plötzlich wusste sie, dass er sie nicht weinend mit<br />

hinüber nehmen sollte. Sie richtete sich auf, straffte die Schultern, schluckte das Schluchzen<br />

hinunter und sah ihm in die Augen. In diese so unendlich traurig schauenden Augen. Sie<br />

zwang sich zu einem Lächeln, dass fast über ihre Kräfte ging. <strong>Die</strong> anderen Gefangenen<br />

wurden unsichtbar, hörten einfach auf, zu existieren. Es gab nur noch Sawyer und sie. „Ich<br />

liebe dich so sehr.“, flüsterte sie.<br />

Als ein leises Brodeln unter ihren Stühlen ertönte, war Dana und Sawyer klar, dass es<br />

nun losging. Ganz kurz konnten beide ein sachtes Zusammenzucken nicht verhindern. <strong>Die</strong><br />

Stühle standen so dicht nebeneinander, dass die Hände der beiden Todeskandidaten sich be-<br />

rühren konnten. Und wie unter einem Zwang tasteten ihre Hände nach einander, um im<br />

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