Die Anderen - Über mich

Die Anderen
by Frauke Feind
Mike?“ Locke lachte kurz freudlos auf. Hatte er wirklich gedacht, ausgerechnet das würden
ihre Entführer nicht wissen? „Mike war der Anführer einer Gruppe von Farmern, der ich mich
einige Zeit angeschlossen hatte, Sir. Die Gruppe baute in großem Stil Marihuana an und trieb
einen regen Handel mit dem Rauschgift.“ Der Interviewer sah Locke an. „Nummer 12. Wie
kommt es, dass du wieder laufen kannst?“, fragte er dann lauernd. Alle, selbstverständlich bis
auf Jake und Sawyer, lauschten mehr als gespannt.
Locke war es ein Leben lang unangenehm gewesen, über seine Fähigkeiten zu
sprechen, weil er immer nur Hohn und Spott geerntet hatte. Das war in seiner Zeit bei den
Aborigines zum ersten Mal anders gewesen. Zum ersten Mal war ihm nicht nur geglaubt,
sondern er war hoch geachtet worden. So quälend der Aufenthalt bei den skrupellosen Ent-
führern auch war, diese waren offensichtlich Wissenschaftler, die seine Gabe ernst genug
nahmen, um ihn einer Reihe von Tests zu unterziehen. Er wusste, dass er gut gewesen war,
dass er den Beweis erbracht hatte, übersinnliche Fähigkeiten zu besitzen. Der furchtbare Ver-
such, in dessen Verlauf er dieser Anthropologin mit knapper Not das Leben gerettet hatte,
trieb Locke in der Erinnerung immer noch den Schweiß auf die Stirn und er hoffte inständig,
etwas ähnliches nie mehr tun zu müssen. Dieser Mensch, der die Befragung durchführte,
wusste um seine Fähigkeiten, leugnen würde sinnlos sein und nur zu mehr als unangenehmen
Konsequenzen für Gibbs führen. Die Mitgefangenen, abgesehen von Spooky Mulder und
seiner Partnerin, möglicherweise auch von Booth und Bones, würden sich sicher über ihn
lustig machen. John beschloss, ehrlich, aber zurückhaltend zu antworten.
„Wirklich erklären kann ich das nicht, Sir. Es war eine immer drängender werdende
Vision, die mich dazu brachte, den heiligen Berg der australischen Ureinwohner aufzusuchen.
Dort habe ich meditiert und mich mit den spirituellen Kräften dieses Ortes verbunden. Sehr
bald spürte ich, wie das Gefühl in meine Beine zurückkehrte.“ Der Interviewer betrachtete
Locke forschend und kam zu dem Schluss, dass dies die Wahrheit gewesen war, soweit der
interessante Proband diese denn selbst kannte. So stellte er nur die Frage: „Nummer 12, be-
schreibe genau, wie deine Fähigkeit funktioniert.“ Locke überlegte einen Moment, bevor er
zögernd antwortete: „Bis vor einigen Monaten hatte ich keinerlei Kontrolle über diese Gabe,
lange Zeit tat ich meine Visionen als Träume ab, zumal sie immer in einem halbschlafähn-
lichen Zustand auftraten, Sir. Plötzlich sah ich einfach Dinge...“ John schwieg einen Moment,
suchte nach Worten. „Im Outback unter Freunden, die mich ermutigten, habe ich damit be-
gonnen, zu versuchen, meine Visionen bewusst herbeizuführen oder eher den meditativen
Zustand, der dazu erforderlich ist. In den letzten Wochen habe ich gezielt trainiert und diese
Fähigkeit vervollkommnet.“ Das wissen diese Leute nur zu genau, sie haben mir doch
verboten, über die Tests zu reden, setzte Locke in Gedanken hinzu. Richtig, der Weißkittel
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