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Die Anderen - Über mich

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<strong>Die</strong> <strong>Anderen</strong><br />

by Frauke Feind<br />

Ziva zog die Beine über die Brettkante und ließ sich auf der anderen Seite keuchend zu<br />

Boden sinken. Sie war geschafft, am Ende. <strong>Die</strong> lange Gefangenschaft, der allgegenwärtige<br />

Horror, die körperlichen Anstrengungen, das alles forderte auch von der so starken Frau seinen<br />

Tribut. Keuchend nach Atem ringend, vor Anstrengung und Erschöpfung am ganzen Körper<br />

zitternd, lag sie am Boden und probierte, auf die Beine zu kommen. Sie zwang sich dazu, mög-<br />

lichst ruhig zu atmen, während sie versuchte, festzustellen, wie weit es noch bis zum Ende des<br />

Parcours war. Vor sich sah sie ein Becken, vielleicht zehn Meter lang, gefüllt mit Wasser, das<br />

ganz offensichtlich kurz vor dem Gefrieren war. Im Wasser sah sie eine Zickzacklinie, die<br />

offenbar ihre Schwimmrichtung vorgab. Ein Blick zur Uhr sagte ihr, dass sie noch ganze 9.34<br />

Zeit hatte. Schnelles Schwimmen in Eiswasser, so erhitzt und abgekämpft, wie sie war?<br />

Natürlich hatte sie verschiedene survival Trainingseinheiten unter Extrembedingungen ab-<br />

solviert. Ziva wusste, dass die kommende Aufgabe erneut lebensgefährlich war. Sie versuchte,<br />

sich an alles zu erinnern, was sie gelernt hatte. Sie musste sich auf den Kälteschock vor-<br />

bereiten, streng auf ihre Atmung achten. Keine hastigen Bewegungen, unbedingt vermeiden,<br />

Wasser zu schlucken, rief sie sich ins Gedächtnis. Den Kopf warm halten. Entschlossen<br />

schlüpfte die Agentin erneut aus dem Kittel und schlang sich diesen wie einen Turban um den<br />

Kopf.<br />

Auf jeden Fall musste sie sich die Zeit nehmen, bis sich ihre Atmung normalisiert hatte,<br />

andernfalls hatte sie keine Chance. Mühsam richtete die Israelin sich auf und ging langsam auf<br />

das Becken zu. Nach einigen weiteren tiefen Atemzügen legte sie sich an den Rand des Bassins<br />

und ließ sich dann seitlich hinein rollen. Das verringerte die Gefahr des Kälteschocks. Mit den<br />

Füßen voran würde dieses Risiko erhöhen. Ziva hielt sich die Nase zu, sie musste unbedingt<br />

vermeiden, Wasser in die Atemwege zu bekommen. Wie erwartet, traf sie das eisige Wasser<br />

wie ein Schock. Obwohl die Zeit knapp wurde, zwang Ziva sich dazu, eine Minute so reglos<br />

wie möglich zu verharren und sich auf eine möglichst tiefe Atmung zu konzentrieren.<br />

Augenblicklich zitterte sie am ganzen Körper und ihre Zähne klapperten aufeinander. Sie<br />

strecke sich so lang wie nur möglich und begann mit raumgreifenden, Kräfte schonenden<br />

Zügen zu schwimmen. Ziva konzentrierte sich darauf, den Kopf aus dem Wasser zu halten,<br />

was ihr mit jedem Zug schwerer fiel. Sie begann doch, hastiger und oberflächlicher zu atmen,<br />

spürte Schwindelgefühl und alles verschwamm vor ihren Augen. Ihre Glieder schienen aus<br />

Blei zu bestehen, sie hatte das Gefühl durch dichten Morast zu schwimmen. Ziva konnte förm-<br />

lich spüren, wie ihr Herzschlag unregelmäßig wurde, ihre Finger verkrampften sich, sie konnte<br />

die Hände nicht mehr strecken. Mühsam rang sie nach Atem, kämpfte sich vorwärts und hatte<br />

doch das Gefühl, nicht von der Stelle zu kommen. Verdammt, dieser Zickzackkurs war un-<br />

glaublich anstrengend.<br />

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