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Die Anderen - Über mich

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<strong>Die</strong> <strong>Anderen</strong><br />

by Frauke Feind<br />

geben konnte. Und diese war zerstört worden. Zerstört, als er noch ein Kind gewesen war.<br />

Zerstört von einem Mann, zu dem er selbst geworden war.<br />

Sawyer hatte sich selbst, seit er neunzehn Jahre alt war, mehr gehasst als den Sawyer,<br />

der sein Leben zerstört hatte, als er selbst noch ein kleiner Junge gewesen war. Das er durch<br />

die Umstände selbst zu einem solchen Betrüger geworden war, hatte ihn wirklich in einen<br />

zerstörerischen Selbsthass getrieben, der darin gipfelte, dass er in Sydney den Mann, der dafür<br />

verantwortlich war, was aus seinem Leben, nicht aus ihm selbst, da machte Sawyer sich keine<br />

Illusionen, geworden war, umbrachte. Das maßlose Entsetzen, als er erkannte, dass er von<br />

einem sogenannten Freund für einen eiskalten Mord missbraucht worden war, hatte James für<br />

einige Tage regelrecht gelähmt. Er war drei, vier Tage lang nur sinnlos betrunken gewesen. Er<br />

hatte einen unschuldigen Mann getötet. Wie sollte er mit dieser Schuld je weiter leben<br />

können? Er war ein Betrüger, klar, aber kein Mörder! Und ausgerechnet in dieser voll-<br />

kommenen Ausweglosigkeit begegnete ihm die einzige Frau, für die er je etwas empfunden<br />

hatte. Kate. Neben seiner getöteten Mutter die einzige Frau, die ihn genau so geliebt hatte:<br />

bedingungslos, so, wie er eben war. Und er fand sie, nur, um sie hier, bei diesen kranken<br />

Psychopathen sofort wieder zu verlieren? Das konnte doch nicht wahr sein. Sawyer zwang<br />

sich, ruhig und tief zu atmen. Es nützte ihm nicht das Geringste, wenn er in Panik geriet.<br />

Jake ein paar Betten weiter konnte ebenfalls nicht verhindern, dass er genervt an den<br />

Fesseln zerrte. Ähnlich wie Sawyer dachte er darüber nach, dass er sich bisher nie für einen<br />

ängstlichen Menschen gehalten hatte. Jedoch musste er zugeben, dass der Aufenthalt hier, die<br />

Gefangenschaft, ihn nach und nach zermürbt hatte. Was sie bisher schon alle hatten ertragen<br />

müssen, was er selbst erduldet hatte, hatte deutliche Spuren in Jakes Psyche hinterlassen. <strong>Die</strong><br />

gefesselten Hände außerhalb der Zellen, dieses grässliche Gefühl, sich nicht einmal gegen<br />

eine simple Ohrfeige wehren zu können, abwehrend die Hand zu heben, machte ihn nach und<br />

nach immer fertiger. Nicht, dass es ihm etwas gebracht hätte, sich wehren zu können, aber der<br />

psychologische Effekt war mit gefesselten Händen einfach deutlich größer. Hier vollkommen<br />

hilflos im Bett zu liegen, nackt, wehrlos, verletzlich, machte ihm deutlich, wie schutzlos sie<br />

alle wirklich waren. Kamen ihre Entführer zu ihnen, war keiner von ihnen mehr im Stande,<br />

ein banges Zittern zu unterdrücken. Dafür hatte man ihnen schon zu oft entsetzliches angetan.<br />

Jake fluchte im Stillen. Es machte ihn fast wahnsinnig, dieses Gefühl, Angst zu haben, bei<br />

jeder Annäherung einer der Wachen oder Ärzte Schweißausbrüche zu kriegen, zu spüren, wie<br />

die Panik in ihm hoch kroch. Zusammen zu zucken bei Geräuschen, zu erzittern, wenn<br />

Schritte sich näherten, Übelkeit zu verspüren, wenn die eigene Nummer aufgerufen wurde.<br />

Und die ständige, allgegenwärtig Angst um Heather.<br />

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