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Die Anderen - Über mich

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<strong>Die</strong> <strong>Anderen</strong><br />

by Frauke Feind<br />

sichtlich über ihn unterhielten. Er hatte während des Wortwechsels immer wieder gesehen,<br />

dass man ihm Blicke zuwarf. <strong>Die</strong>se dröhnende Stille in seinen Ohren irritierte den jungen<br />

Mann bereits maßlos. Dass er sich in keiner Weise bewegen konnte, war genau so quälend.<br />

Schon jetzt hatte er das Gefühl, seit einer Ewigkeit hier zu liegen. Er fragte sich, ob es wirk-<br />

lich auf Schlafentzug hinaus laufen würde. Im Augenblick tappte er ja noch vollkommen im<br />

Dunklen. Froh, wenigstens zu seinen Leidensgenossen schauen zu können, lag er da. Seine<br />

Gedanken drifteten zu Heather. Wenn er nicht schon wieder davon gelaufen und nach<br />

Australien abgehauen wäre, würden er und Heather jetzt friedlich in Jericho sitzen und Kaffee<br />

trinken. Stattdessen hatte er sie in diese Lage gebracht. Jake machte sich schlimme Vorwürfe.<br />

Er versuchte, den Kopf soweit in den Nacken zu legen, dass er zu Heather schauen konnte,<br />

schaffte es allerdings nicht. Jedoch verrutschten dabei die Kopfhörer ein wenig. Erleichtert<br />

stellte er fest, dass er leise Geräusche wahrnehmen konnte. Leider hielt diese Erleichterung<br />

nicht lange vor. Einer der Bewacher kam zu ihm, schüttelte fast mitleidig den Kopf und legte<br />

dann einen gepolsterten Ledergurt über Jakes Stirn, zog ihn stramm. So war dessen Kopf nun<br />

auch fixiert. <strong>Die</strong> Kopfhörer wurden wieder platziert und der Wachmann verschwand. Jake<br />

biss sich verzweifelt auf die Lippen. Er konnte nur noch die Augen bewegen, eine absolut<br />

grausame Fesselung. Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Er musste sich zwingen, nicht in<br />

Panik zu geraten. Tief atmete er ein, um zu entspannen. Langsam spürte er, wie sein Herz-<br />

schlag sich beruhigte. Er musste ruhig bleiben, in Panik zu geraten weil er sich nicht rühren<br />

konnte, brachte gar nichts.<br />

Unerwartet wurde das Licht gedämpft. Jake tat bereits alles weh. Der Rücken fühlte<br />

sich vom Liegen steif an, die Schultergelenke schmerzten erbärmlich. Dadurch, dass er den<br />

Kopf nun auch nicht mehr bewegen konnte, begann sein Nacken sich zu verspannen. Und er<br />

bekam zusehends Durst. Wann er den letzten Schluck Wasser getrunken hatte, hätte er nicht<br />

genau sagen können. <strong>Die</strong>se Zeitlosigkeit machte ihn, wie alle anderen auch, langsam wahn-<br />

sinnig. Keinerlei Rhythmus zu haben war ungeheuer belastend und wurde von ihren Ent-<br />

führern sehr geschickt eingesetzt. Schlaf und Wachphasen, hell und dunkel, Reden und<br />

Schweigen, alles wechselte vollkommen willkürlich ab. Auch die Essenslieferungen wurden<br />

ohne erkennbares Zeitsystem verteilt. Am Schwersten waren bisher die langen Phasen er-<br />

zwungener Untätigkeit in vollkommenem Schweigen zu ertragen. <strong>Die</strong> einzig mögliche<br />

Aktivität war, seinen Gedanken nachzuhängen, die bei Jake überwiegend unerfreulicher Natur<br />

waren. So schlimm wie im Moment war es natürlich bisher noch nicht gewesen. Jake hätte<br />

alles dafür gegeben, wenigstens den Kopf bewegen zu können. So war er gezwungen, an die<br />

weiße Decke zu starren. Nur einen Punkt mit den Augen zu fixieren, war unheimlich er-<br />

müdend. Da er noch immer nicht sicher sein konnte, auf was das hier hinaus lief, machte er<br />

einfach die Probe. Er schloss seine Augen und wartete. In Gedanken zählte er die ver-<br />

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