10.12.2012 Aufrufe

RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

100 Determinanten des Strukturwandels im deutschen Handwerk – Studie des <strong>RWI</strong><br />

sche Entwicklung bringt Produktlösungen hervor, <strong>für</strong> die herkömmliche Gewerkeabgrenzungen<br />

irrelevant sind, hingewiesen sei hier z.B. auf die Auswirkungen des<br />

Trockenbaus auf das Baugewerbe, das Verschwimmen der Konturen des „Druckerberufs“<br />

und die umwälzenden Auswirkungen der digitalen Techniken auf das Fotografengewerbe.<br />

Die in ihren Grundlagen weitgehend in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts festgeschriebene<br />

Meisterausbildung läuft im Übrigen zunehmend Gefahr, den Anschluss an<br />

die Entwicklungen des Bildungssystems zu verlieren. Dies ist eine Entwicklung, die<br />

sich fatal auf das Handwerk auswirken dürfte, wenn ihr nicht Einhalt geboten wird, und<br />

auf längere Sicht zu einer „Reproletarisierung“ des Handwerks – in Anlehnung an die<br />

seitens der Handwerksvertreter im 19. Jahrhundert beklagten Verhältnisse – führen<br />

würde. Hier hilft der oft zu hörende Hinweis auf Defizite des Bildungssystems („Pisa“)<br />

wenig.<br />

Auch seitens des Handwerks wird nicht bestritten, dass ein Brückenschlag zum Hochschulsystem<br />

dringend notwendig und eine Zufuhr von Humankapital und Innovationen<br />

aus den Hochschulen in die Handwerkswirtschaft wünschenswert sei. Umso merkwürdiger<br />

nimmt sich in den Augen eines externen Beobachters vor diesem Hintergrund die<br />

Tatsache aus, dass bis vor kurzem auch berufsnahe Ingenieure sich nicht ohne weiteres<br />

im Handwerk selbständig machen konnten. Erst die jetzt im Gesetzgebungsverfahren<br />

befindliche Novelle öffnet den Quereinsteigern aus den Hochschulen den Weg ins<br />

Handwerk.<br />

Wenn somit das Handwerksrecht auch keineswegs als primärer Auslöser der Handwerkskrise<br />

zu bezeichnen ist, wird ein Reformbedarf deutlich, dem nicht durch kosmetische<br />

Korrekturen abzuhelfen ist. Das Handwerksrecht in seiner bisherigen Form behindert<br />

den Weg des Handwerks in die Wissensgesellschaft eher, als es diesen fördert.<br />

3.2.2.8. Wirtschaftspolitik<br />

Die ungünstige wirtschaftliche Entwicklung des Handwerks ist neben handwerksspezifischen<br />

Einflussfaktoren auch auf die Wachstumsschwäche der deutschen Wirtschaft<br />

und eine gesamtwirtschaftliche Konstellation zurückzuführen, welche <strong>für</strong> die binnenmarktorientierte<br />

Wirtschaft ungünstig war. Zur Wachstumsschwäche der deutschen<br />

Wirtschaft haben Fehleinstellungen der Wirtschaftspolitik in den neunziger Jahren –<br />

unabhängig von der jeweils im Bund regierenden Koalition –, so die überwiegende<br />

Meinung deutscher und ausländischer Experten, nicht unwesentlich beigetragen. In einer<br />

Analyse der <strong>für</strong> die „Handwerkskrise“ verantwortlichen Faktoren darf der Hinweis<br />

auf diesen Faktor nicht fehlen, obwohl er im Rahmen der Aufgabenstellung der vorliegenden<br />

Studie natürlich nicht an zentraler Stelle zu thematisieren ist.<br />

Die durch die Finanzierungsprobleme des sozialen Sicherungssystems ausgelöste Zunahme<br />

der Lohnnebenkosten hat sicher einen dämpfenden Einfluss auf das unternehmerische<br />

Engagement und die damit einhergehende Investitionstätigkeit in Deutschland

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!