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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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Kapitel III: Determinanten des Strukturwandels im Handwerk - Ex-post-Analyse 65<br />

angesichts des in der Handwerksberichterstattung ausgewiesenen massiven Beschäftigungsrückgangs<br />

plausibel ist. Angesichts der starken, bezogen auf die Gesamtwirtschaft<br />

überdurchschnittlichen Zunahme der Teilzeitbeschäftigung im Handwerk in den achtziger<br />

Jahren dürfte der Produktivitätsabstand hier wohl etwas überzeichnet sein. Diese<br />

Daten sind mit großer Vorsicht zu interpretieren.<br />

Die wichtigste Ursache des Zurückbleibens der Produktivitätsentwicklung im Handwerk<br />

liegt darin, dass in großen Handwerksbereichen die Möglichkeiten eines erhöhten Kapitaleinsatzes<br />

durchaus begrenzt sind. Um hier keine Missverständnisse aufkommen zu<br />

lassen: Alle Handwerke haben im 20. Jahrhundert parallel zu anderen Wirtschaftsbereichen<br />

einen bemerkenswerten technischen Modernisierungsprozess durchlaufen und die<br />

auf diesem Feld bestehenden Möglichkeiten sind längst nicht voll ausgeschöpft. Bestimmte<br />

Segmente der Handwerkswirtschaft unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Realkapitalausstattung<br />

mitnichten von der Industrie. Indessen sind die Möglichkeiten einer<br />

Substitution menschlicher Arbeit durch Maschinen in den dienstleistenden Handwerken<br />

und auch im Baugewerbe, hier insbesondere im Ausbaugewerbe, insgesamt durchaus<br />

begrenzt.<br />

Der durch die Lohnentwicklung und Agrarsubventionen forcierte Kapitaleinsatz in Industrie<br />

und in der Landwirtschaft konnte so im Handwerk nicht nachvollzogen werden.<br />

Auch große Teile der Dienstleistungswirtschaft – z.B. Banken und Versicherungen -<br />

erschließen sich einer Technisierung viel stärker als einige der speziell vom Handwerk<br />

getragenen Dienstleistungssektoren (z.B. Reinigungsleistungen). Die Entwicklung der<br />

Arbeitsproduktivität ist also im Kontext unterschiedlicher Trends der Faktorausstattung<br />

in den Wirtschaftssektoren zu verstehen. Sie ist kein Indiz <strong>für</strong> eine besondere Rückständigkeit<br />

des Handwerks.<br />

Bemerkenswerterweise hat die Lohnentwicklung im Handwerk die unterschiedliche<br />

Produktivitätsentwicklung in gewissem Maße nachvollzogen, d.h. die im Handwerk<br />

gezahlten Löhne sind hinter den in der Industrie gezahlten Löhnen tendenziell zurückgeblieben.<br />

Die durchschnittlichen Bruttomonatsverdienste der Arbeiter(innen) im westdeutschen<br />

Verarbeitenden Gewerbe lagen 2002 bei 2.478 €, im Handwerk hingegen mit<br />

2.130 € (85,9 %) deutlich niedriger. 33 Zwar lagen die durchschnittlichen Handwerkslöhne<br />

im 20. Jahrhundert stets gegenüber den Industrielöhnen im Rückstand. Der hier<br />

bestehende Abstand hat sich aber in zurückliegenden Jahrzehnten etwas vergrößert. Der<br />

Bruttowochenverdienst eines männlichen Arbeiters im westdeutschen Handwerk lag<br />

33 Die Angabe bezieht sich auf die <strong>für</strong> Vollzeitkräfte in ausgewählten Gewerken durchschnittlich gezahlten<br />

Löhne. In die Angaben <strong>für</strong> das Verarbeitende Gewerbe gehen auch die in den betreffenden<br />

Wirtschaftszweigen (z.B. Ernährungsgewerbe oder Bekleidungsgewerbe) tätigen Handwerksunternehmen<br />

ein. Der Lohnabstand dürfte also faktisch noch etwas größer sein. Es ist auch darauf hinzuweisen,<br />

dass es innerhalb des Handwerks und der Industrie jeweils ein ausgeprägtes Lohngefälle von<br />

den großen zu den kleinen Unternehmen zugunsten der Arbeitnehmer der größeren Unternehmen<br />

gibt. Würde der institutionelle Handwerksbegriff wie in Frankreich nur die kleineren Unternehmen<br />

als „Handwerk“ klassifizieren, so wäre der Lohnabstand zwischen Handwerk und Industrie wohl<br />

weit größer als hier ausgewiesen.

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