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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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Kapitel IV: Determinanten des Strukturwandels im Handwerk in der wissensbasierten Ökonomie 121<br />

Da es hierbei um nicht weniger als einen veritablen Mentalitätswandel im Handwerk<br />

geht, dürften Beratungsaktivitäten und Kammerkampagnen allein wenig fruchten.<br />

Vielmehr bedarf es ökonomischer Anreize, die diesen Wandel auf lange Sicht erzwingen<br />

– insbesondere im Zuge der normalen Regeneration des Unternehmensbestandes.<br />

Der zunehmend härtere Wettbewerb im Baugewerbe, der durch den europäischen Integrationsprozess<br />

(siehe unten) in den kommenden Jahrzehnten zusätzliche Nahrung bekommen<br />

wird, wirkt in diese Richtung. Auch die Teilliberalisierung der HwO und die<br />

vom Gesetzgeber erzwungene stärkere Öffnung einfacher handwerklicher Tätigkeiten<br />

<strong>für</strong> Gesellen und Quereinsteiger kann sich ebenso wettbewerbsintensivierend auswirken.<br />

Schließlich ist auf einen Aspekt des Verhältnisses von Handwerk und Dienstleistungswirtschaft<br />

hinzuweisen, der im öffentlichen Diskurs aufgrund seiner heiklen wirtschaftspolitischen<br />

Implikationen nicht immer mit der gebotenen Klarheit behandelt<br />

wird. Die Beschäftigungspotenziale der Dienstleistungssektoren stellen sich aus heutiger<br />

Sicht sehr differenziert dar. Zwar werden auf längere Sicht in den tertiären Bereichen<br />

- beispielsweise in der Internetökonomie, im Informationsmanagement und im<br />

Freizeitsektor - viele zusätzliche Arbeitsplätze <strong>für</strong> Menschen mit hoher Qualifikation<br />

entstehen, gleichzeitig gehen aber in den Dienstleistungsbereichen infolge der Digitalisierung<br />

der Wertschöpfungsprozesse auch viele hochwertige Arbeitsplätze verloren<br />

(Thome 1997). Die Rationalisierungswelle in der Bank- und Versicherungswirtschaft ist<br />

längst noch nicht abgeschlossen. Auch in anderen Dienstleistungssektoren wie in der<br />

Tourismusindustrie sind bei effektiver DV-Nutzung noch erhebliche Rationalisierungspotenziale<br />

vorhanden.<br />

In erheblichem Maße könnten im Bereich einfacher Dienstleistungen gering entlohnte<br />

Arbeitsplätze <strong>für</strong> Arbeitskräfte mit niedriger Qualifikation entstehen. Dieses bislang in<br />

Deutschland „verkümmerte zweite Standbein der Dienstleistungsgesellschaft“ ließe sich<br />

indes nur dann entwickeln, wenn es gelänge Vorurteile und Vorschriften zu eliminieren<br />

(Zimmermann 2000: 79-82, 85; Maleri 1997: 77). Zunächst ist die stärkere Entwicklung<br />

dieses Bereichs in Deutschland durch die Lohn- und Tarifstrukturen, die Ausgestaltung<br />

des Steuer- und Abgabensystems, vielfältige rechtliche Regelungen, aber auch sozial<br />

verankerte Einstellungen blockiert. Das heißt nicht, dass es in der deutschen Wirtschaft<br />

einen solchen Bereich nicht bereits im Ansatz gäbe. Erinnert sei an die hohe Dynamik<br />

der sog. „geringfügigen Beschäftigung“ in den neunziger Jahren, aber auch an das Gedeihen<br />

der Schattenwirtschaft, in der vor allem einfache, gering qualifizierte Tätigkeiten<br />

<strong>für</strong> die Nachfrager solcher Leistungen zu „akzeptablen“ Preisen angeboten werden.<br />

An dieser Stelle kommt das Handwerk ins Spiel. Kaum ein anderer Wirtschaftsbereich<br />

verfügt über ein so breites Nachfragepotenzial nach einfachen Dienstleistungen. Dieses<br />

kann derzeit durch die „formelle“ Handwerkswirtschaft aufgrund der zu verrech-

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