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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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454 Determinanten des Strukturwandels im deutschen Handwerk – Studie des <strong>RWI</strong><br />

Auch in den anderen entwickelten Industrieländern finden sich Regelungsmechanismen<br />

zur Durchsetzung elementarer Qualitätsmaßstäbe in Gestalt von technischen Normen,<br />

berufs- und aufgabenspezifischen Prüfungsnachweisen und eines hart durchgreifenden<br />

Sanktionsmechanismus in Gestalt des Haftungsrechts. Neuerdings spielen technische<br />

Zertifizierungen und Präqualifikationssysteme eine wachsende Rolle. Die obligatorische<br />

Meisterprüfung stellt eine, aber keineswegs die einzige wirksame Möglichkeit dar, Qualitätsnormen<br />

in solchen Bereichen durchzusetzen, wo deren Missachtung fatale Folgen<br />

<strong>für</strong> die Verbraucher haben könnte. Unzählige Beispiele aus Industrie und Energiewirtschaft<br />

zeigen, dass technische Normierungen die Einhaltung sicherheitstechnischer<br />

Mindeststandards auch in Deutschland gewährleisten können. Immerhin, die Gefahrenneigung<br />

ist nach wie vor ein gewichtiges Argument <strong>für</strong> den Großen Befähigungsnachweis.<br />

Bei seiner Abschaffung wäre <strong>für</strong> die Bereitstellung alternativer institutioneller<br />

Lösungen zu sorgen..<br />

2.4. Ein Modernisierungsdefizit im deutschen Handwerk<br />

Das deutsche Handwerk hat, wie in den vorausgegangenen Kapiteln dargestellt, in bedeutendem<br />

Maße am gesamtwirtschaftlichen Innovationsprozess partizipiert. Der mit<br />

der Industrialisierung einhergehende Rationalisierungsprozess hat vor dem Kleingewerbe<br />

nicht Halt gemacht, sondern über viele Jahrzehnte hinweg auch dessen Strukturen,<br />

Qualifikationsmerkmale und wirtschaftliche Verhaltensweisen nachhaltig verändert.<br />

Seit Beginn des Industrialisierungsprozesses sind aus dem Handwerk immer wieder<br />

industrielle Unternehmer und große Unternehmen hervorgegangen. Dieser Prozess dauert<br />

bis zum heutigen Tage an, wie dies z.B. die Unternehmen Kamps, Fielmann und<br />

Piepenbrock zeigen, aber auch die immer breiter werdende Schnittmenge von IHK- und<br />

HWK-Mitgliedschaften (vgl. Kapitel II). Durch seinen überragenden Beitrag in der beruflichen<br />

Erstausbildung hat das Handwerk im 20. Jahrhundert in erheblichem Maße zur<br />

Bildung des Humankapitals, zur Erreichung und Bewahrung hoher beruflicher Bildungsstandards<br />

in breiten Bevölkerungskreisen beigetragen. Die Verdienste des Handwerks<br />

auf diesen Feldern sind unstrittig. Darüber, ob sie in entscheidendem Maße auf<br />

den großen Befähigungsnachweis zurückzuführen sind, oder ob dieser überhaupt eine<br />

entscheidende Rolle bei der Modernisierung der Handwerkswirtschaft gespielt hat, lässt<br />

sich indessen trefflich streiten.<br />

Wie auch die Triebkräfte des Modernisierungsprozesses im deutschen Handwerk im<br />

einzelnen zu beurteilen sein mögen, die Entwicklung des Handwerks in jüngster Zeitlässt<br />

Anpassungsprobleme erkennen, die auch im Handwerk selbst zunehmend registriert<br />

werden:<br />

– Die Fixierung des handwerklichen Bildungssystems auf eng umschriebene Berufsbilder<br />

bedingt einen strukturkonservierenden Zug der Handwerksordnung. Dieser<br />

schlägt heute, in Zeiten eines beschleunigten sektoralen Strukturwandels, viel stärker<br />

zu Buche als in der Nachkriegszeit.

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