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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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Kapitel VI: Strukturwandel im Handwerk II: Zur Entwicklung ausgewählter Gewerke 257<br />

– Das Augenoptikerhandwerk ist als Mittler zwischen Augenarzt und Patient tätig.<br />

Diese Arbeitsteilung wird zunehmend in Frage gestellt, weil angesichts verminderter<br />

Krankenkassenleistungen auch Augenärzte dazu tendieren, Kontaktlinsen und Brillen<br />

zu verkaufen. Weiterhin zeichnet sich eine Rückwärtsintegration von technischen<br />

Leistungen in die industriellen Unternehmen der optischen Industrie ab. Dies<br />

stellt auf den ersten Blick eine substanzielle Bedrohung des Augenoptikerhandwerks<br />

dar. Durch Übermittlung der Daten eines vom Patienten / Kunden ausgewählten<br />

Brillengestells ist es möglich, dass die Industrie bereits ab Werk die passenden Gläser<br />

schleift und entsprechend an den Augenoptiker / Händler liefert. Die eigentlich<br />

handwerkliche Tätigkeit beschränkt sich dann nur noch auf das Einsetzen der Gläser<br />

in das Gestell sowie auf die Reparatur von Brillengestellen. Das Augenoptikerhandwerk<br />

wird allerdings hierdurch keineswegs überflüssig. Es erfüllt nach wie vor<br />

eine bedeutsame und nicht ohne weiteres substituierbare Funktion bei der individuellen<br />

Beratung und Anpassung von Sehhilfen. Schon ein Blick auf die Realitäten der<br />

augenärztlichen Versorgung (lange Anmeldezeiten, Wartezeiten, fachliche Fokussierung<br />

der Ärzte auf das „Medizinische“) zeigt, dass die Augenärzte kaum dazu in<br />

der Lage sein dürften, die hier zu leistende Mittleraufgabe aus eigener Kraft adäquat<br />

zu erfüllen.<br />

– Hörgeräteakustiker sind ebenso wie Augenoptiker als Mittler zwischen Ärzten und<br />

Patienten tätig. Sie haben da<strong>für</strong> Sorge zu tragen, dass entsprechend der Verordnung<br />

des Arztes der Patient mit dem <strong>für</strong> ihn geeigneten medizinischen Hilfsmittel (Hörgerät)<br />

versorgt wird. Die Hörgeräteakustiker wie auch die Augenärzte haben sich als<br />

Spezialisten einen Markt geschaffen, der angesichts der Entwicklung des Gesundheitswesens<br />

nun immer stärker von den Medizinern „zurückgefordert“ wird. Es ist<br />

wahrscheinlich, dass Augenoptiker und Hörgeräteakustiker (die sich historisch aus<br />

dem Augenoptikerhandwerk heraus entwickelt haben) zukünftig wieder stärker zusammenrücken<br />

werden. Weiterhin ist denkbar, dass Fachärzte dieser Richtung und<br />

Augenoptiker bzw. Hörgeräteakustiker Kooperationen ins Leben rufen werden oder<br />

auch Gemeinschaftsunternehmen gründen werden. Vielfach sind solche Modelle<br />

auch bei Ärzten und Apothekern im Gespräch.<br />

– Die Tätigkeit der Zahntechniker ist trotz Fortschritte bei der Prozessoptimierung der<br />

Arbeitsabläufe und dem Einsatz von CNC-Maschinen in Zahnlabors nach wie vor<br />

von der Anfertigung individueller Zahnprothesen und Brücken geprägt. Der handwerkliche<br />

Charakter der Arbeit ist im allgemeinen Handwerksverständnis erhalten<br />

geblieben. Die Wettbewerbssituation wird weniger von der technischen Entwicklung<br />

als von dem Import von preiswerten Zahntechnikerleistungen aus dem Ausland<br />

bedroht. Gegenwärtig betrifft diese „Bedrohung“ allerdings wohl eher die einfacheren<br />

und leicht kommunizierbaren Zahnlaborarbeiten. Das hier längerfristig ein substanzielles<br />

Problem entstehen könnte, ist allerdings einzuräumen, sind doch z.B.<br />

chinesische Zahntechniker ebenso in der Lage, bei entsprechender Ausstattung mit<br />

Material und Technik handwerkliche Qualitätsarbeit zu liefern. Der in den Medien<br />

viel diskutierte Gesundheitstourismus deutscher Verbraucher in die osteuropäischen<br />

Nachbarstaaten hält sich bislang wohl in relativ engen Grenzen, kann sich aber na-

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