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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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178 Determinanten des Strukturwandels im deutschen Handwerk – Studie des <strong>RWI</strong><br />

dem Alter abnehmenden Gründungsbereitschaft kommt er auf eine Meisterreserve im<br />

engeren Sinn von 128.730 <strong>für</strong> den gleichen Zeitraum.<br />

Diese Berechnungen vermitteln sicher ein zuverlässiges Bild vom Umfang der <strong>für</strong> eine<br />

Handwerksgründung realiter in Betracht kommenden nicht selbständigen Handwerksmeister.<br />

Kritisch wäre hierzu allerdings einzuwenden, dass Jahr <strong>für</strong> Jahr eine erhebliche<br />

Zahl von gescheiterten selbständigen Meistern auf den „Markt“ potenzieller Gründer<br />

strömt. Über das Gründungsverhalten der gescheiterten Gründer ist indessen wenig bekannt.<br />

Es ist aber anzunehmen, dass eine erhebliche Zahl dieser, juristisch gesehen,<br />

„Marktzutrittsberechtigten“ den Versuch einer zweiten oder dritten Gründung unternimmt.<br />

Die Meisterreserve wäre in diesem Sinne bedeutend höher, als in den zitierten<br />

Berechnungen ausgewiesen.<br />

An dieser Stelle ist allerdings ein prinzipielles Unbehagen an derartigen Berechnungen<br />

einer Meisterreserve zu artikulieren. Das Problem der Auswirkungen des Meisterzwangs<br />

auf die betriebliche Strukturbildung wird hier ausschließlich unter dem Blickwinkel<br />

des Erhalts des Unternehmensbestandes diskutiert. Das durch den obligatorischen<br />

großen Befähigungsnachweis geschaffene Problem besteht im Gegensatz hierzu<br />

aber doch wohl eher darin, dass nichthandwerkliche Unternehmen und Gründungsinteressierte<br />

an einer Gründung gehindert werden bzw. bei unautorisierter handwerklicher<br />

Betätigung – Schwarzarbeit im juristischen Sinne 89 – ordnungsrechtliche Ahndung riskieren.<br />

Die Idee, es ginge primär darum, einen gewissen Unternehmensbestand zu erhalten, ist<br />

letztlich wohl von ständeökonomischem Denken inspiriert. Woher soll der Gesetzgeber<br />

wissen, was die „natürliche“ oder „richtige“ Dichte der Unternehmen auf den Handwerksmärkten<br />

ist? Man könnte z.B. den Unternehmensbestand von 1955 zugrundelegen,<br />

denjenigen von 1970 oder von 2000. Die Ökonomie kann und will keine Aussage über<br />

einen vermeintlich „richtigen“ Unternehmensbestand geben. Zwischen Marktstrukturen<br />

und Anzahl der Marktteilnehmer besteht stets ein enger Zusammenhang, d.h., der gleiche<br />

Markt kann durch sehr unterschiedliche Mischungen kleiner, mittlerer und großer<br />

Unternehmen bedient werden und dieser Mix ist, wie aus der Wirtschaftsgeschichte und<br />

internationalen Querschnittsvergleichen bekannt ist, niemals eine konstante Größe, sondern<br />

längerfristig höchst wandelbar. Die Fixierung auf den Status quo des Unternehmensbestandes<br />

als einer zu bewahrenden Größe ist aus marktökonomischer Sicht<br />

höchst fragwürdig.<br />

Kehren wir zur Entwicklung des Meisternachwuchses zurück. Da sich die meisten<br />

Jungmeister nicht sofort nach der Meisterprüfung <strong>für</strong> eine wirtschaftliche Selbständigkeit<br />

entscheiden, sondern erfahrungsgemäß erst einige Jahre nach der abgelegten Prüfung,<br />

ist hierbei ein zeitlicher „Lag“ von sechs bis sieben Jahren in Rechnung zustellen<br />

(vgl. hierzu auch Müller 2003b).<br />

89 Unternehmen der legalen Wirtschaft, die ihre Steuern korrekt entrichten, aber gegen das Handwerksrecht<br />

verstoßen.

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