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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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Kapitel IX: Europäischer Vergleich 429<br />

Handwerk schließen. Das französische Handwerk bereitet, mit anderen Worten, in weitaus<br />

geringerem Maße Arbeitskräfte <strong>für</strong> eine Tätigkeit in anderen Wirtschaftsbereichen<br />

vor als das deutsche. Hier stellt sich natürlich die Frage, welcher Zusammenhang zwischen<br />

geltenden handwerksrechtlichen Regelungen und dem erörterten Muster der<br />

handwerklichen Berufsausbildung besteht.<br />

Ein Blick auf die Schweiz kann zu Klärung der Frage beitragen, was geschieht, wenn an<br />

die Stelle des Meisterzwangs ein fakultativer Meistertitel tritt, der als staatlich geschütztes<br />

Qualitätssiegel fungiert und sich im Wettbewerb mit anderen beruflichen Qualifikationen<br />

behaupten muss. Die Schweiz verfügt nämlich über ein berufliches Erstausbildungssystem,<br />

das stark durch die deutsch-schweizerische Tradition geprägt und im<br />

Ganzen dem deutschen Berufsbildungssystem sehr ähnlich ist. Eine Auflistung der im<br />

Schweizer Berufsbildungsgesetz reglementierten Berufsabschlüsse zeigt jedenfalls auffällige<br />

Parallelen zum deutschen System.<br />

Zugleich existiert in der Schweiz kein Meisterzwang, Meisterprüfungen nach deutschem<br />

Muster werden im Handwerk angeboten, aber sind nicht Voraussetzung <strong>für</strong> eine Marktzulassung<br />

und auch nicht <strong>für</strong> die Ausbildung von Lehrlingen 137 im dualen System. Hier<br />

stellt sich die Frage, welche Rolle das Schweizer Handwerk in der beruflichen Erstausbildung<br />

spielt. Wäre diese erheblich geringer als Deutschland, könnte dies ein Hinweis<br />

auf einen Auszug des Handwerks aus der erstberuflichen Lehre nach einer Abschaffung<br />

des Meisterzwangs in Deutschland sein.<br />

Ein Vergleich der schweizerischen und der deutschen Lehrlingsausbildung wirft zunächst<br />

die uns schon bekannten Probleme auf. Die Schweiz kennt keine Handwerksstatistik,<br />

sondern nur die normale sektorale Industrie- und Wirtschaftszweigstatistik, der<br />

deutsche institutionelle Handwerksbegriff ist den Schweizern ebenso wenig vertraut wie<br />

Franzosen oder Dänen. Die Daten zur Lehrlingsausbildung liegen jedoch in detaillierter<br />

Berufsgliederung vor. Auf dieser Basis lassen sich Handwerksberufe im deutschen Sinn<br />

relativ leicht identifizieren. Die Ergebnisse einer Zuordnung einschlägiger Berufsbildungsgänge<br />

zum Handwerk im deutschen Sinn sind in Tabelle IX-16 aufgelistet. Auf<br />

typische Handwerksberufe entfällt, so ist zu erkennen, ein beachtlicher Teil (38,5 %)<br />

der gesamten beruflichen Erstausbildung in reglementierten Berufen.<br />

137 Im amtlichen Schweizerdeutsch ist der konventionelle Ausdruck „Lehrling“ gebräuchlich, wir sprechen<br />

deshalb hier von „Lehrlingen“ und nicht von „Auszubildenden“.

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