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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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176 Determinanten des Strukturwandels im deutschen Handwerk – Studie des <strong>RWI</strong><br />

auswirken. Genau dies meinen die wettbewerbsökonomisch argumentierenden Kritiker<br />

des deutschen Handwerksrechts. Die Marktzutrittsbarriere Meisterzwang nähme, so das<br />

oben bereits angesprochene Argument, die Schärfe aus dem Wettbewerb, führe zur<br />

künstlichen Beruhigung der Märkte und mithin zur Schaffung von Pfründen <strong>für</strong> die<br />

etablierten Marktakteure. Dieser Gedankengang erscheint aus theoretischmarktökonomischer<br />

Sicht plausibel. Es handelt sich zunächst jedoch um nicht mehr als<br />

eine Arbeitshypothese. Der empirische Nachweis eines massiven wettbewerbsmindernden<br />

Einflusses des großen Befähigungsnachweises wurde bislang nicht geführt. Eine<br />

gewisse Evidenz <strong>für</strong> solche Einflüsse ist zweifellos vorhanden, nur ist diese ausschließlich<br />

anekdotischer bzw. „impressionistischer“ Natur.<br />

Auffällig ist, dass die Marktfluktuation in den handwerksähnlichen Gewerben der <strong>für</strong><br />

kleingewerbliche Wirtschaftsbereiche normalen Fluktuation entspricht. Das Vollhandwerk<br />

hingegen zeigt Muster, die <strong>für</strong> die kleingewerbliche Wirtschaft eher untypisch<br />

sind und eher denen durchschnittlicher Unternehmensgründungen im Verarbeitenden<br />

Gewerbe entsprechen. Der Meisterzwang hat an dieser Stelle zweifellos strukturbildende<br />

Wirkungen gezeitigt.<br />

2.7. Meisternachwuchs, „Meisterreserve“ und die Regeneration<br />

des handwerklichen Unternehmensbestands<br />

Derzeit werden in Deutschland jährlich etwa 26.000 bis 27.000 Unternehmen im Handwerk<br />

neu gegründet. Weitere 9.000 bis 11.000 Unternehmen dürften pro Jahr an Betriebsnachfolger<br />

übergeben werden. Für die Gründung eines neuen Handwerksunternehmens<br />

bzw. die Übernahme eines bestehenden Handwerks war bis zum 31. Dezember<br />

2003 in den 94 Gewerken der Anlage A der Nachweis einer erfolgreich abgelegten<br />

Meisterprüfung im entsprechenden Gewerk Voraussetzung. Das Gründungsgeschehen<br />

kann sich demnach arithmetisch nur dann auf dem derzeitigen Niveau halten, wenn sich<br />

Jahr <strong>für</strong> Jahr 35.000 bis 38.000 Meister <strong>für</strong> eine selbständige Berufskarriere im Handwerk<br />

entscheiden.<br />

Dieses Kalkül trifft aus drei Gründen nicht zu:<br />

– der Markteintritt kann über Ausnahmebewilligungen erfolgen,<br />

– es existiert eine beträchtliche Zahl an Meistern, die sich vergeblich an einer Unternehmensgründung<br />

versucht haben,<br />

– ein Teil des Meisternachwuchses ist nicht an einer Gründung interessiert.<br />

Schon vor der Novelle 2003 gab es in einem beachtlichen Ausmaß (teilweise befristete)<br />

Ausnahmebewilligungen <strong>für</strong> solche gründungswilligen Personen, die keinen Meistertitel<br />

vorweisen konnten. Zuletzt wurde die Möglichkeit, Ausnahmebewilligungen zu gewähren,<br />

wohl etwas großzügiger gehandhabt als in der Vergangenheit und insbesondere<br />

auch vereinheitlicht (ZDH 2003a: 73). Müller (2003b: 26) weist <strong>für</strong> 1985 im früheren<br />

Bundesgebiet 5.069 handwerkliche Existenzgründungen ohne Meisterprüfung aus. Nach

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