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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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Kapitel X: Modernisierung des Handwerksrechts 455<br />

– Die Gewerkeabgrenzungen werden in zunehmendem Maße obsolet und verursachen<br />

unnötige Transaktionskosten.<br />

– Das auf die Meisterprüfung fixierte handwerkliche Berufsbildungssystem ist zunehmend<br />

in Gefahr, den Anschluss an moderne Entwicklungen in der höheren beruflichen<br />

Bildung außerhalb des Handwerksbereichs zu verlieren.<br />

Reorganisationsprozesse in der volkswirtschaftlichen Güter- und Leistungserstellung<br />

und Veränderungen der „economies of scale and scope“ im Zuge des technischen Fortschritts<br />

– wie z.B. die weite Verbreitung der neuen Backtechnologien, das zunehmend<br />

Reparaturen weitgehend überflüssig machende technische Raffinement der Industrieprodukte<br />

oder das Auftreten von finanzkräftigen Facility-Management-Unternehmen,<br />

welche herkömmliche Branchenstrukturen ignorieren und komplette Leistungsangebote<br />

aus einer Hand anbieten – führen dazu, dass die Position des Handwerks auf solchen<br />

Märkten in Frage gestellt wird, die bislang als „sichere“ Domäne des Handwerks<br />

galten (vgl. Kapitel VI und VII). Die Entwicklung auf den Märkten geht an überkommenen<br />

Strukturen betrieblicher und sektoraler Arbeitsteilung und einem beruflichen<br />

Klassifizierungssystem – der in der Anlage A der Handwerksordnung fest geschriebenen<br />

Gewerkestruktur – vorbei, dessen heutige Form weitgehend am Anfang des 20.<br />

Jahrhunderts geprägt wurde.<br />

Viele dieser Entwicklungen, wie z.B. die Annahme der Herausforderung der kundenindividuellen<br />

Massenproduktion durch die Industrie, beginnen heute erst gerade, sich bemerkbar<br />

zu machen. Die hieraus erwachsenden Herausforderungen an das Handwerk<br />

werden in den kommenden Jahren und Jahrzehnten größer werden. Angesichts des von<br />

nichthandwerklichen Konkurrenten in die eigenen Märkte hinein getragenen intensiveren<br />

Wettbewerbs wird es <strong>für</strong> die Handwerksunternehmen immer wichtiger, sich ihrerseits<br />

neue Betätigungsfelder jenseits der angestammten Grenzen des eigenen Berufsfelds<br />

zu suchen. Die hier fälligen Anpassungsprozesse werden jedoch durch eine berufliche<br />

Sozialisation im Handwerk behindert, die stark auf relativ starre, vor Jahren festgeschriebene<br />

und längst durch die Realität überholte Berufsbilder geprägt ist. 158<br />

Insbesondere im Baubereich, dem wichtigsten sektoralen Betätigungsfeld des Handwerks,<br />

stellt sich das Problem einer effizienten Koordination der Gewerke mit zunehmender<br />

Schärfe. Die heutigen Gewerkeabgrenzungen gehen in erheblichem Maße auf<br />

das 19. Jahrhundert bzw. sogar die vorindustrielle Ära zurück. Sie wurden in der Nachkriegszeit<br />

durch viele Handwerksbetriebe erbittert mit erheblichen Rechtskosten gegen<br />

handwerkliche Konkurrenten verteidigt, welche die in der HwO angelegten Terrainabgrenzungen<br />

nicht respektieren. Die Novelle von 1994/1998 hat diese unerträgliche Situation<br />

erleichtert, aber nicht prinzipiell aus der Welt geschafft. Im Zuge des bauwirtschaftlichen<br />

Strukturwandels wird der Rationalisierungsdruck in der Bauwirtschaft stär-<br />

158 Dieser strukturkonservierende Effekt der Handwerksordnung wurde schon vor Jahrzehnten zurecht<br />

moniert (z.B. Schlaghecken 1969: 115-118). Die Entwicklung auf den Märkten lässt dieses Problem<br />

heute aber weitaus dringlicher erscheinen als in der Nachkriegszeit.

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