10.12.2012 Aufrufe

RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Kapitel V: Strukturwandel im Handwerk I: Branchenübergreifende Aspekte 159<br />

ten fachlichen und betriebswirtschaftlichen Kenntnisse zurück. Jungmeister seien, mit<br />

anderen Worten, außerordentlich gut auf die Selbständigkeit vorbereitet und seien deshalb<br />

ungleich besser dazu in der Lage, den Widrigkeiten des Marktgeschehens zu trotzen<br />

als „unbedarfte“ Gründer – z.B. solche in den handwerksähnlichen Gewerben.<br />

Bestandsfestigkeit steht aus dieser Sicht mithin in einem engen kausalen Zusammenhang<br />

mit dem großen Befähigungsnachweis.<br />

Von einem kausalen Zusammenhang zwischen großem Befähigungsnachweis und Überlebenschancen<br />

der Handwerksgründungen gehen auch die Kritiker des Meisterzwangs<br />

aus. Nur interpretieren sie diesen diametral entgegengesetzt. Die Handwerksmärkte<br />

würden gegen Konkurrenz abgeschottet. Im so geschützten Marktreservat ließe sich<br />

leicht überwintern, auch in einem garstigeren gesamtwirtschaftlichen Umfeld.<br />

Beide Denkansätze basieren zunächst auf theoretischen Vorüberlegungen und nicht auf<br />

einer systematischen Erforschung des tatsächlichen Sachverhalts. Eine empirische Forschung,<br />

die sich weder auf das eine noch das andere (Vor-) Urteil festlegen will, steht<br />

vor dem Problem, dass Einflüsse staatlicher Regulierungen auf die Überlebenschancen<br />

von Unternehmen im kleingewerblichen Bereich bislang kaum ernsthaft erforscht worden<br />

sind. Die vorhandenen Informationen lassen aber zumindest einen Schluss zu: Aus<br />

marktökonomischer Sicht sind extrem hohe durchschnittliche Überlebensquoten von<br />

Unternehmenspopulationen in marktwirtschaftlichen Systemen stets höchst suspekt.<br />

Bevor wir auf die Daten eingehen, aus denen sich Aussagen zu den Überlebenschancen<br />

der Handwerksgründungen ableiten lassen, sind einige grundsätzliche Bemerkungen zu<br />

den beruflichen Erwerbsläufen selbständiger Handwerker angebracht.<br />

Eine idealtypische Erwerbskarriere im Handwerk führt über die berufliche Erstausbildung<br />

in einem Handwerksbetrieb, eine sich anschließende mindestens dreijährige Gesellenzeit,<br />

die Teilnahme an Meisterkursen, die Meisterprüfung und schließlich die Gründung<br />

eines eigenen bzw. die Übernahme eines bestehenden Betriebes in die berufliche<br />

Selbständigkeit. Diese bestimmt dann aus idealtypischer Sicht über Jahrzehnte hinweg<br />

den beruflichen Lebensweg des selbständigen Handwerksmeisters. 73 Obwohl solche<br />

Erwerbsverläufe im Handwerk tatsächlich weit verbreitet sind, stellen sich die Dinge<br />

aber in der handwerklichen Praxis erheblich vielschichtiger dar:<br />

− Nur eine Minderheit der Gesellen legt die Meisterprüfung ab und ein ansehnlicher<br />

Teil der Handwerksmeister verzichtet darauf, sich selbständig zu machen bzw. hatte<br />

solches nie im Sinn.<br />

− Trotz Meisterzwang spielten Ausnahmebewilligungen bei der Zulassung zur selbständigen<br />

Handwerksausübung stets zumindest eine periphere Rolle, wenn auch die<br />

Praxis der Ausnahmebewilligung bis in die jüngste Zeit hinein sehr restriktiv war. 74<br />

73 Die Darstellung geht von dem bis Ende 2003 geltenden Handwerksrecht aus.<br />

74 Nach den Leipziger Beschlüssen war die Handhabung der Ausnahmebewilligungen sicher etwas<br />

großzügiger ausgefallen als in den vorausgegangenen Jahrzehnten. Kritiker der Handwerksordnung

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!