10.12.2012 Aufrufe

RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

30 Determinanten des Strukturwandels im deutschen Handwerk – Studie des <strong>RWI</strong><br />

ten aus volkswirtschaftlicher Sicht keine nennenswerte Rolle mehr, als Träger kultureller<br />

Traditionen erfüllt es indessen durchaus eine wichtige gesellschaftliche Funktion.<br />

Der Industrialisierungsprozess hat aber nicht nur Handwerke verdrängt, sondern auch<br />

Bedürfnisse nach neuen handwerklichen Betätigungen hervorgebracht. Die Handels-<br />

und Reparaturhandwerke (Kraftfahrzeugtechniker, Landmaschinenmechaniker, Radio-<br />

und Fernsehtechniker – heute Informationstechniker) erfüllen wichtige Aufgaben in<br />

Vertrieb, Wartung und Reparatur industrieller Produkte. Diese Handwerksbetriebe sind<br />

fester Bestandteil der industriellen Wertschöpfungsketten. Die Entwicklung der Reinigungshandwerke<br />

ist ebenfalls auf die mit der Industrialisierung verbundenen Wandlungsprozesse<br />

zurückzuführen. Die stürmische Entwicklung der Großstädte im 19. Jahrhundert<br />

gab der Nachfrage privater Verbraucher nach Reinigungsleistungen Auftrieb.<br />

Die Entwicklung des Gebäudereinigerhandwerks geht auf die zunehmende Nachfrage<br />

der Industrie, später auch öffentlicher Einrichtungen, nach extern bereit gestellten Reinigungsleistungen<br />

zurück.<br />

Die Möglichkeiten der Serien- und Massenproduktion sind aber in der Bauwirtschaft<br />

eng begrenzt, weshalb es hier nie zu einer massiven Verdrängung handwerklicher Produktionsformen<br />

durch industrielle gekommen ist (Angel-Volkov 1974: 182). Das Baugewerbe<br />

ist im Kern „Bereitstellungsgewerbe“ geblieben, die „Produktion auf Vorrat“<br />

ist nur im relativ kleinen Segment des Fertigteilbaus üblich. Erhebliche Teile der Bauaktivitäten,<br />

besonders im Ausbaugewerbe, lassen sich nur in begrenztem Maße rationalisieren,<br />

nach wie vor steht handwerkliche Produktion im Mittelpunkt der Leistungserstellung.<br />

Freilich kommt es hier auch in erheblichem Maße zum Maschineneinsatz, und<br />

die Anforderungen an die technische Kompetenz der Bauhandwerker werden immer<br />

höher. Dort, wo eine Rationalisierung und Technisierung der Produktionsprozesse im<br />

Baugewerbe stattgefunden haben, haben die Handwerksunternehmen voll an dieser<br />

Entwicklung partizipiert. Große Handwerksunternehmen des Baugewerbes unterscheiden<br />

sich daher substanziell nicht von Unternehmen der Bauindustrie. Die Grenzlinie<br />

zwischen Handwerk und Industrie ist im Baubereich noch unschärfer als im Verarbeitenden<br />

Gewerbe.<br />

Insgesamt unterscheidet sich die heutige Handwerkswirtschaft fundamental vom Handwerk<br />

des 19. Jahrhunderts. Sie ist in hohem Maße durch den Industrialisierungsprozess<br />

geprägt und in ihren sektoralen und betrieblichen Strukturen sowie Produktionstechniken<br />

selbst ein Kind des Industriezeitalters.<br />

3.2. Rechtsgenese und die „soziale Konstruktion“ von Handwerksberufen<br />

Auf den ersten Blick scheint die Zuordnung einer Branche zum Handwerk selbstverständlich<br />

zu sein. Elektroinstallateure oder Kraftfahrzeugtechniker haben, obgleich früher<br />

unter etwas anderem Namen, schon immer zum Handwerk gehört. Aber warum sind<br />

z.B. Umzugsunternehmer nicht Handwerker im Sinne des Gesetzes oder Gärtner, Köche,<br />

Hoteliers, Gaststättenbesitzer, Taxifahrer oder die Betreiber von Seilbahnen? Die<br />

weitaus meisten der in der heutigen Anlage A aufgeführten Handwerksberufe weisen

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!