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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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Kapitel VII: Strategien und Anpassungsprozesse auf betrieblicher Ebene 305<br />

4. Strategisches Optionsfeld „Mitarbeiter“<br />

4.1. Arbeitsbeziehungen und Personalführung im Handwerk<br />

An zweiter Stelle ist als betriebsinternes strategisches Optionsfeld <strong>für</strong> das Handwerk die<br />

Personalentwicklung und Mitarbeiterführung zu nennen. Mehr und mehr Forschungsarbeiten<br />

auch der Handwerks- und KMU-Forschung haben in den vergangenen Jahren den<br />

Schwerpunkt auf dieses Thema gelegt. Die meisten der relevanten betriebswirtschaftlichen<br />

Arbeiten verbleiben allerdings im normativen Bereich; nur einige wenige Studien<br />

können auch empirische Ergebnisse vorweisen. So hat die Forschung gezeigt, dass kleinere<br />

Unternehmen oftmals nicht über formale und systematische Konzepte der Personalrekrutierung<br />

verfügen; diese auch oft eher informell erfolgt sowie auf subjektiven<br />

Kriterien basiert (z.B. Hilbert, Sperling 1993).<br />

Die eher auf dem persönlichen Kontakt von Meister und Gesellen basierenden Arbeitsbeziehungen<br />

in Klein- und Mittelbetrieben haben sich schon immer deutlich von den<br />

anonymeren Arbeitsbeziehungen in Großbetrieben unterschieden, wie auch das Fallbeispiel<br />

in Kasten VII-1 verdeutlicht. Im Vordergrund steht insbesondere in kleineren Betrieben<br />

der Wunsch, ein angenehmes Arbeitsklima zu schaffen, das ein langfristiges<br />

„Miteinander“ erlaubt. Die Gründe da<strong>für</strong> sind nicht allein altruistischer Art, lassen sich<br />

also nicht nur auf eine vermeintlich traditionelle und patriarchalische Einstellung von<br />

Handwerksunternehmern zurückführen. Dazu beitragen dürfte – neben finanziellen Erwägungen<br />

einer erneuten Suche nach geeigneten Fachkräften – auch der drohende<br />

Fachkräftemangel, der es angeraten erscheinen lässt, selbst ausgebildete Handwerksgesellen<br />

möglichst lange zu halten. Dies spiegelt sich in Untersuchungsergebnissen, die<br />

<strong>für</strong> KMU im Vergleich zu großen Unternehmen ein relativ stabiles Beschäftigungsniveau<br />

– weitgehend unabhängig vom Konjunkturzyklus – zeigen (z.B. Fendel, Frenkel<br />

1998; Schmidt 1995).<br />

Kasten VII-1<br />

Ein Fallbeispiel zur Mitarbeiterführung im Handwerk<br />

Dieses Unternehmen, ein Schreinerbetrieb, wurde vor 102 Jahren vom Großvater von Frau M.s Ehemann<br />

gegründet und wird mittlerweile als Familienbetrieb in der dritten Generation geführt. 1981 übernahm der<br />

Ehemann den Betrieb, gleichzeitig stieg seine Frau ein. Der Betrieb hat sich auf ökologisch produzierte<br />

Innenausstattungen (Kinderzimmer, Wohn- und Schlafzimmer, Bäder u.a.) spezialisiert; Entwurf und<br />

Anfertigung erfolgen im Kundenauftrag. Die Ehefrau arbeitet – handwerkstypisch – in der innerbetrieblichen<br />

Organisation, sie ist auch <strong>für</strong> die Kontakte zu Lieferanten zuständig. Zudem versteht sie sich als<br />

„Sprachrohr zwischen Chef und Mitarbeitern”, zu denen sie nach eigenen Angaben ein gutes Verhältnis<br />

hat. Heute beschäftigt der Betrieb insgesamt 20 Arbeitskräfte, von denen die meisten im Betrieb selbst<br />

gelernt haben. Sie kann auf eigene Erfahrungen als Arbeitnehmerin zurückgreifen und sieht deshalb ihre<br />

Mittlerstellung als wichtig <strong>für</strong> ihren Betrieb an. Gleichze itig pflegt sie die sozialen Kontakte, auch über<br />

die Familien der Beschäftigten. Ihre Mitarbeiter haben aus eigenem Ansporn eine gemeinsame Trin kgeldkasse<br />

eingerichtet, mit deren Erlös gesellige Abende veranstaltet werden. Frau M. sieht dieses Miteinander<br />

im Betrieb als wichtigen Bestandteil des Betriebsklimas.<br />

Quelle: Welter (2000).

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