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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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Kapitel VIII: Die räumliche Dimension des handwerklichen Strukturwandels 381<br />

Teilzeitkräften) kann es den Gewerken gelingen, einen beträchtlichen Teil der aus den<br />

Kernstädten ins Umland großer Ballungsräume abgewanderten Kaufkraft wieder auf<br />

sich zu lenken. Durch eine geschickte Standortwahl und die gezielte Orientierung auf<br />

die einkommensstarken Haushalte der Vorstädte sind auch merkliche Ertragssteigerungen<br />

möglich.<br />

Moderne IuK-Techniken eröffnen u.a. den Lebensmittelhandwerkern und den Investitionsgüter<br />

produzierenden Gewerken vielfältige Chancen zur Verbesserung ihrer Wettbewerbsposition.<br />

Computergesteuerte und miniaturisierte Backöfen und Anlagen zur<br />

Fleisch-/Wurstproduktion bilden die technologische Basis der Filialisierung, d.h. der<br />

Etablierung räumlicher Kettenoligopole in den Groß- und Mittelstädten. Im Bereich der<br />

Metallhandwerke bildet Computertechnik eine wesentliche Voraussetzung zur Stärkung<br />

jener Betriebe, die traditionell in den Zuliefersystemen des Maschinen- und Fahrzeugbaus<br />

agieren. Mittels CNC-gesteuerter Maschinen und Anlagen sind sie befähigt, auf<br />

die sich schnell wandelnden Anforderungen der großbetrieblichen Abnehmer umgehend<br />

einzustellen.<br />

Die zur Mitte der neunziger Jahre mitunter sehr euphorischen Prognosen zur Erschließung<br />

neuer Handwerksmärkte mittels Internet sind inzwischen sehr nüchternen Betrachtungen<br />

gewichen. Nur wenige Gewerke scheinen aufgrund ihres Leistungsprofils<br />

da<strong>für</strong> geeignet zu sein, über das Internet neue Vertriebswege zu etablieren und – das ist<br />

aus räumlicher Sicht entscheidend – sich in weit entfernten Räumen neue Käuferschichten<br />

zu erschließen. Das Internet stellt wohl eher ein zusätzliches Informationsmedium<br />

<strong>für</strong> den Kunden über die lokal ansässige Wirtschaft dar. Insofern können ansprechende<br />

Präsentationen die Position vieler Handwerksbetriebe in den hart umkämpften lokalen<br />

Märkten verbessern.<br />

Inwiefern die seit Jahren sinkende Baunachfrage und die damit eng verknüpfte finanzielle<br />

Misere der Kommunen nachhaltige Veränderungen der Standortmuster im Bauhandwerk<br />

hervorruft, ist ebenfalls eine noch nicht hinreichend beantwortete Frage. Zumindest<br />

mehren sich die Indizien <strong>für</strong> das Aufbrechen traditioneller Liefer- und Absatzbeziehungen<br />

und hiermit veränderte Bewertungen von Standortfaktoren. Ob es sich<br />

hierbei um ein nur <strong>für</strong> Ostdeutschland geltendes temporäres Phänomen handelt oder um<br />

mittelfristig weit um sich greifende strukturelle Wandlungen, ist derzeit nicht abzusehen.<br />

Die Diskussion um die Auswirkungen des Strukturwandels auf die räumliche Organisation<br />

der Handwerke ist noch lange nicht abgeschlossen. Im Gegenteil: Strukturelle Veränderungen<br />

in Wirtschaft und Gesellschaft gewinnen in kommenden Jahren erst richtig<br />

an Fahrt. Dies lässt ein höheres Tempo im Wandel der bisher als hoch persistent bewerteten<br />

wirtschaftsräumlichen Strukturen erwarten. Um die Dynamik dieser Veränderungen<br />

und ihren Einfluss auf die räumliche Organisation der Handwerkswirtschaft zu<br />

erfassen und <strong>für</strong> die wirtschaftspolitische Beratung aufzuarbeiten, bedarf es intensiver<br />

Studien.

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