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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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68 Determinanten des Strukturwandels im deutschen Handwerk – Studie des <strong>RWI</strong><br />

erkunden. Diese Forschungsaufgabe war freilich im Rahmen der vorliegenden Untersuchung<br />

nicht zu lösen.<br />

Wenn schon die Ausschläge der handwerklichen Leistungserstellung ein prozyklisches<br />

Muster aufweisen, trifft dann nicht zumindest <strong>für</strong> die Beschäftigtenentwicklung die<br />

Stabilisatorhypothese zu? Die selbständigen Handwerksmeister, so die hierzu oft zu<br />

hörende Überlegung (vgl. z.B. Dispan 2003: 120f.), hätten zumindest in der Vergangenheit<br />

in Zeiten wirtschaftlicher Flaute zu ihren Beschäftigten gestanden und nur im äußersten<br />

Notfall zum Instrument der betriebsbedingten Kündigung gegriffen. Von diesem,<br />

auf ein sozial motiviertes Beschäftigungsverhalten abstellenden Argument ist ein<br />

zweites Argument zu unterscheiden, welches auf ökonomische Faktoren abzielt, die<br />

Kleinunternehmen zu einem antizyklischen Beschäftigungsverhalten anregten. Wie<br />

stichhaltig sind diese Annahmen? Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, wenden<br />

wir uns zunächst den ökonomischen, darauf den soziologischen, auf Mikroebene wirkenden<br />

Faktoren zu und abschließend dem Zusammenhang zwischen Mikroebene und<br />

Reaktion des Aggregats „Beschäftigung im Handwerk“.<br />

Es sind mit Sicherheit keineswegs nur altruistische Gründe, die Kleinunternehmer zur<br />

Vorsicht bei Entlassungen in konjunktuell schlechten Zeiten anhalten. Vielmehr gibt es<br />

gute ökonomische Gründe <strong>für</strong> ein konservatives Beschäftigungsverhalten von KMU.<br />

Jede Einstellung eines neuen Mitarbeiters ist mit Transaktionskosten (Stellenausschreibung,<br />

Bearbeitung von Bewerbungen, Einstellungsgespräche u.ä.) sowie mit Einarbeitungskosten<br />

verbunden. Es bedarf der Einweisung des neuen Mitarbeiters in die betriebliche<br />

Organisation und seine Arbeitsaufgaben. Auch bei neu eingestellten Mitarbeitern,<br />

die an sich sehr gute qualifikatorische Voraussetzungen und reiche Arbeitserfahrungen<br />

in den neuen Betrieb mitbringen, sind gewisse Reibungsverluste infolge unvermeidlicher<br />

Orientierungsprozesse in der neuen Firma wohl unvermeidlich. Es bedarf der Aneignung<br />

betriebsspezifischen Wissens und einer Integration ins neue Arbeitsteam, die<br />

von kostenverursachenden Friktionen begleitet sein kann.<br />

Neueinstellungen sind auch stets mit Risiken verbunden. Eine gute formelle Qualifikation<br />

und gute Arbeitszeugnisse bieten niemals eine hundertprozentige Gewähr da<strong>für</strong>,<br />

dass die eingestellte Person die Leistungserwartungen des Unternehmers erfüllt. Kleinunternehmer<br />

können bei ihren personalpolitischen Entscheidungen nicht auf die Dienste<br />

einer Personalabteilung zurückgreifen, sondern sind auf die eigen Entscheidungsfähigkeit<br />

bzw. den eigenen „Instinkt“ angewiesen. Arbeitsverträge sind faktisch niemals vollständige<br />

Kontrakte, die alle Aspekte der Arbeitsengagements des Mitarbeiters (der Mitarbeiterin)<br />

erschöpfend beschreiben, sondern sie enthalten implizite Elemente. Deren<br />

„Handling“ stellt sich in länger bestehenden Arbeitsbeziehungen natürlich leichter dar<br />

als bei neuen Verträgen.<br />

Entlassungen sind stets auch mit einem Know-how-Abfluss aus der entlassenden Firma<br />

verbunden. In vielen Fällen haben die Unternehmen selbst in die berufliche Erstausbildung<br />

des betreffenden Arbeitnehmers investiert. Die <strong>für</strong> den Ausbildungsbetrieb hieraus<br />

resultierenden Erträge können, wie die Rechnungen des BIBB zeigen, keineswegs im-

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