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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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Kapitel VI: Strukturwandel im Handwerk II: Zur Entwicklung ausgewählter Gewerke 241<br />

den räumlich begrenzten Markt um seinen Standort limitiert. Der Wettbewerbsvorteil<br />

der Nähe zum Verbraucher erweist sich als Wachstumshindernis.<br />

– Die Lebensmitteltechnologie und die Entwicklung der Backofentechnik haben inzwischen<br />

einen Ausweg aus der „Zwickmühle“ ermöglicht. Mit neuen Inhaltsstoffen,<br />

standardisierten Mehltypen, Backmischungen, vorgefertigten Backteiglingen<br />

und so genannten „convenience“ – Zutaten gelingt es, die produkt- und produktionsbedingten<br />

Wachstumsbegrenzungen weitgehend zu überwinden (Dürig 1995: 73f).<br />

Die lebensmitteltechnologischen Neuerungen machen es möglich, die Dauer der Frische<br />

des Produktes gezielt zu beeinflussen. Hierdurch kann der Transport zu den Verkaufsstellen<br />

so gestaltet werden, dass die Produkte keinen Schaden an Qualität und Frische<br />

erleiden. Die Backtechnik sowie neu entwickelte Inhaltsstoffe ermöglichen zudem eine<br />

weitgehende „Vorproduktion“ von Backwaren, deren Herstellung erst kurz vor dem<br />

Verkauf vollendet wird. Dabei haben die Backöfen und Backanlagen einen hohen Flexibilitätsgrad<br />

erreicht, mit der auch die Vielfalt der Produktpalette des Bäckerhandwerks<br />

aufrechterhalten werden kann. Bei einigen Standardprodukten konnte ein hoher<br />

Automationsgrad erreicht werden.<br />

2.2.2. Ausdifferenzierung der Betriebsformen<br />

Diese technologischen Entwicklungen trugen zu einer Ausdifferenzierung der Betriebsformen<br />

im Backhandwerk bei. Aus den klassischen Ein-Betriebs-Bäckereien wurden<br />

Mehr-Betriebs-Unternehmen, die anfangs noch häufig als Einheit von Produktion und<br />

Verkauf weitergeführt wurden, schon bald allerdings mit zentraler Produktion und dezentralem<br />

Verkauf: Mit der Filialisierung entstanden räumliche Kettenoligopole. Die<br />

Filialisten expandierten zu Lasten traditioneller Bäckereien. Der Unternehmensbestand<br />

ging infolge dieser Entwicklung zurück und halbierte sich innerhalb von 20 Jahren,<br />

während die Zahl der Filialen rasch anstieg (Schaubild VI-1): Von 100 Betriebsstätten<br />

sind inzwischen rund 60 Filialen. Die räumlichen Einzugsgebiete der Filialunternehmen<br />

haben sich ausgedehnt und sind auch nicht immer zusammenhängend.<br />

Diese Entwicklung wurde gleichermaßen von wachstumsorientierten Handwerksunternehmen<br />

wie der Brotindustrie und dem Handel vorangetrieben. Der Markt geriet durch<br />

expandierende Unternehmen wie Kamps aber auch durch Backshops, die von großen<br />

Einzelhandelsketten (z.B. Edeka) betrieben werden, in Bewegung. Die Backindustrie<br />

und der Handel hatten erkannt, dass dem Bäckerhandwerk nur dadurch Marktanteile<br />

abzuringen sind, indem man selbst im „Gewande des Handwerks“ mit eigenen Filialketten<br />

auf dem Markt auftritt. Da der Verbraucher beim Brot- und Backwarenkauf an eine<br />

persönliche Bedienung und Beratung gewöhnt war, griff der Einzelhandel dies auf und<br />

richtete zunehmend Shop-in-the-Shop-Systeme und Bedienungstheken <strong>für</strong> Brot- und<br />

Backwaren (teils in Eigenregie, teils durch Vermietung an Handwerksbäcker) in den<br />

Supermärkten und Einkaufszentren ein.

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