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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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70 Determinanten des Strukturwandels im deutschen Handwerk – Studie des <strong>RWI</strong><br />

er dar als hier erkennbar. Die Grundtypologie – traditionelle Kleinbetriebe, tayloristische<br />

KMU im industriellen Bereich, posttayloristisches Produktionsregime in KMU –<br />

dürfte die Realität indes recht zuverlässig abbilden.<br />

Das industrieähnlich-handwerkliche Arbeitssystem ist zwar heute <strong>für</strong> die Mehrheit der<br />

Handwerksbetriebe typisch, Handwerksunternehmen sind indessen auch in den beiden<br />

anderen Bereichen zu finden. Außerdem ist eine Modernisierungstendenz des industrieähnlich-handwerklichen<br />

Arbeitssystems nicht zu übersehen, die dahin führt, dass der<br />

Abstand zum „modernen kleinbetrieblichen Arbeitssystem“ immer geringer wird (hierzu<br />

Mücke 1995).<br />

Es ist vor diesem Hintergrund verfehlt, davon auszugehen, dass alle Unternehmen des<br />

Handwerks – den Einstellungspraktiken eines patriachialischen Familienbetriebes entsprechend<br />

– eher auf die Einstellung von „Dauerbeschäftigten“ setzen und Entlassungen<br />

in betrieblichen Krisenzeiten lediglich als letzten Ausweg ansehen. Bei den Gebäudereinigern<br />

z.B. ist durchaus eine sehr flexible Anpassung des Arbeitskräftebestandes an<br />

die Auftragslage üblich. In der Handwerksrolle registrierte Zulieferunternehmen unterscheiden<br />

sich in ihrem Beschäftigungsverhalten nicht von „industriellen“ Zulieferern.<br />

Die rasche Zunahme der geringfügigen Beschäftigung im Handwerk deutet zudem eher<br />

darauf hin, dass hier auch zunehmend flexible, bei schlechter Konjunktur leicht herunter<br />

zu fahrende Beschäftigungspotenziale aufgebaut werden.<br />

Selbst wenn die These eines kündigungsresistenten Beschäftigungsverhaltens der<br />

Handwerksunternehmen uneingeschränkt zuträfe, besagte dies wenig <strong>für</strong> die Entwicklung<br />

der Gesamtbeschäftigung des Handwerks im konjunkturellen Verlauf. Auch wenn<br />

die meisten Handwerksunternehmen im Falle von Entlassungen zögerlicher als Großunternehmen<br />

vorgehen – wo<strong>für</strong> insbesondere die angesprochenen mikroökonomischen<br />

Gründe durchaus sprechen – sind auf aggregierter Ebene massive konjunkturell motivierte<br />

Beschäftigungsanpassungen möglich und sogar wahrscheinlich. Der im mittelstandspolitischen<br />

Argument enthaltene Schluss vom einzelnen, in Personalfragen<br />

eher konservativen Unternehmen auf das volkswirtschaftliche Beschäftigungsaggregat<br />

lässt nämlich den prozyklischen Aggregationseffekt der normalen Arbeitskräftefluktuation<br />

außer Betracht, der sich aus eben diesem konservativen Beschäftigungsverhalten<br />

zwangsläufig ergeben muss.<br />

Jahr <strong>für</strong> Jahr wechselt ein erheblicher Teil der Arbeitnehmer die Arbeitsstelle im Zuge<br />

der normalen, gemeinhin weit unterschätzten Arbeitskräftefluktuation. 36 Das Ausmaß<br />

des hier angesprochenen normalen „Job-Turnover“ dürfte derzeit zwischen 15 und 20 %<br />

der Erwerbstätigen liegen, d.h. 15-20 % aller Erwerbstätigen wechseln mindestens ein-<br />

36 Die Bundesanstalt <strong>für</strong> Arbeit verzeichnete z.B. im Jahre 2002 7,4 Mill. Zugänge in die Arbeitslosigkeit<br />

und 7,2 Mill. (das sind 19,6 % der Erwerbstätigen) Abgänge aus dieser. Ein erheblicher Teil der<br />

Arbeitslosen dürfte sich zwar zwei- und mehrmals im Laufe eines Jahres als arbeitslos gemeldet haben.<br />

Zugleich wechseln aber auch viele Arbeitnehmer ihre Arbeitsstelle, ohne dabei in der Arbeitslosenstatistik<br />

aufzutauchen.

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