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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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478 Determinanten des Strukturwandels im deutschen Handwerk – Studie des <strong>RWI</strong><br />

3.2.2.3. Gründungen, Liquidationen, Marktfluktuation<br />

Auf keinem anderen Gebiet werden direkte Auswirkungen des großen Befähigungsnachweises<br />

so deutlich wie auf dem Feld des Gründungs- und Liquidationsgeschehens<br />

(vgl. hierzu auch Kapitel V). Das Gründungsgeschehen im Vollhandwerk verläuft deutlich<br />

verhaltener als in vergleichbaren kleingewerblich strukturierten Wirtschaftsbereichen.<br />

Die Gründungs-, aber auch die Schließungsquoten sind also niedriger als dies in<br />

den handwerklich geprägten Wirtschaftssektoren normalerweise zu erwarten wäre. Die<br />

Marktfluktuation im Handwerk fällt entsprechend gedämpfter als in ähnlich strukturierten<br />

Wirtschaftsbereichen aus. Die handwerksähnlichen Gewerke bieten ein konträres<br />

Bild zum „beruhigten“ Gründungsgeschehen im Vollhandwerk. Hohe Gründungsquoten<br />

korrespondieren mit hohen Schließungsquoten. Die statistische Überlebensdauer der<br />

handwerksähnlichen Gründungen ist vergleichsweise gering, die der handwerklichen<br />

Gründung indessen recht hoch.<br />

Zwei Faktoren erklären diese unterschiedlichen Muster. Zum einen erfüllt der große<br />

Befähigungsnachweis die Funktion eines per Gesetz vorgegebenen vorwettbewerblichen<br />

Selektionsmechanismus unter den gründungsinteressierten Personen. Zum anderen<br />

wirkt sie sich dämpfend auf die Wettbewerbsintensität in der betreffenden Branche aus.<br />

Die Chance der Neueinsteiger, länger im Markt zu verbleiben, steigt. Gleiches trifft<br />

natürlich auch auf die Grenzunternehmen unter den am Markt agierenden Anbietern zu.<br />

Be<strong>für</strong>worter der Handwerksordnung rekurrieren in ihrer Argumentation stets auf den<br />

ersten, positiv bewerteten Zusammenhang. Kritiker hingegen beziehen sich zumeist auf<br />

den veränderten Wettbewerbskontext.<br />

Die geplante Liberalisierung des Marktzugangs im Handwerk wird mit großer Wahrscheinlichkeit<br />

Gesellen, die nicht über den Meisterbrief verfügen, bzw. in den zulassungsfreien<br />

Handwerken auch Personen mit anderem beruflichen Hintergrund dazu inspirieren,<br />

eigene Unternehmen zu gründen bzw. auch bestehende Handwerksunternehmen<br />

zu übernehmen. Die bislang <strong>für</strong> kleingewerblich strukturierte Wirtschaftsbereiche<br />

ungewöhnlich niedrigen Gründungsquoten werden vermutlich ansteigen. Parallel dazu<br />

werden allerdings wohl auch die Schließungsquoten zunehmen und die Marktturbulenz<br />

wird entsprechend wachsen. Gleichzeitig wird die durchschnittliche Lebensdauer der<br />

Neugründungen zurückgehen. Die höhere Marktturbulenz wird wesentlich darauf zurückzuführen<br />

sein, dass bislang im „vorwettbewerblichen Raum“ stattfindende Selektionsprozesse<br />

unter den Marktneulingen sich nunmehr im Wettbewerbsprozess vollziehen.<br />

Hier könnte sich der Gedanke aufdrängen, beim Eintritt von mehr oder weniger Gründern<br />

in den Markt handele es sich letztlich um ein Nullsummenspiel. Höhere Gründungs-<br />

und Schließungsquoten seien zudem mit höheren betriebswirtschaftlichen – und<br />

in der Summe – auch volkswirtschaftlichen Kosten verbunden und verkörperten deshalb<br />

die unter volkswirtschaftlichen Effizienzgesichtspunkten ungünstigere Situation. Eine<br />

solche Interpretation verriete allerdings eine reichlich statische, um nicht zu sagen<br />

planwirtschaftliche Vorstellung vom Wettbewerbsgeschehen. Das Auftreten neuer Un-

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