10.12.2012 Aufrufe

RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

438 Determinanten des Strukturwandels im deutschen Handwerk – Studie des <strong>RWI</strong><br />

Staatliche Regulierungen sind aber, wie die Neue Politische Ökonomie zeigt, sicher<br />

nicht immer – in Wahrheit wohl eher fast nie – Resultat der uneigennützigen Umsetzung<br />

eines nur subjektiv zu definierenden Gemeinwohls durch Parlamentarier und Angehörige<br />

der staatlichen Verwaltung, sondern auch stets Ergebnis des Wirkens spezifischer<br />

Interessenkonstellationen wie z.B. des Denkens in Kategorien der Chancen auf<br />

Wiederwahl, der persönlichen Publicity, der Zustimmung der veröffentlichten Meinung<br />

oder der Einflussnahme von organisierten Interessengruppen und deren professioneller<br />

Lobby. Bestehende Regulierungen tendieren unter dem Einfluss der normalen Arbeit<br />

der staatlichen Bürokratie zudem dahin, sich im Laufe der Zeit zu vermehren und Wirtschaft<br />

und Gesellschaft mit einem immer dichteren Netz von Vorschriften, Verboten<br />

und Auflagen zu überziehen.<br />

Die Forderung nach einer regelmäßigen Prüfung aller speziellen, ins Wettbewerbsgeschehen<br />

eingreifenden Regulierungen auf ihre andauernde Berechtigung ist vor diesem<br />

Hintergrund eine stets aktuelle Forderung, die in den meisten entwickelten marktwirtschaftlich<br />

organisierten Volkswirtschaften in der Vergangenheit wohl viel zu oft<br />

vernachlässigt wurde. Erst im Zuge der marktwirtschaftlichen Reformen der achtziger<br />

und neunziger Jahre hat hier ein breites Umdenken eingesetzt (Breyer, Mac Avoy 1991:<br />

132-133). Die OECD spricht in diesem Zusammenhang von der Zweckmäßigkeit eines<br />

institutionalisierten Regulierungsmanagements (OECD 2002b: 83-97 u.a.), das die Kontrolle<br />

der einwandfreien Umsetzung der Regulierungen, die regelmäßige Überprüfung<br />

der geltenden Regeln auf ihre andauernde Sinnhaftigkeit und unparteiische Bewertungen<br />

hin einschließt, die auf methodisch nachvollziehbaren Evaluationen nach den geltenden<br />

„Regeln der Kunst“ durch unabhängige Dritte basieren (Schmidt 1999). Bei der<br />

Überprüfung der geltenden Regulierungen sind Nutzen und Kosten gegeneinander abzuwägen.<br />

Die Tatsache, dass die Ermittlung konkreter Regulierungseffekte positiver<br />

und negativer Natur sich in den meisten Fällen als sehr schwierig erweist, darf kein Argument<br />

gegen den Versuch einer ernsthaften Überprüfung sein. Zudem lassen sich in<br />

den meisten Fällen bei genauer Prüfung mehr <strong>für</strong> die Beurteilung des Sachverhalts relevante<br />

Fakten zutage fördern, als notorische Methodenskeptiker dies <strong>für</strong> möglich halten.<br />

142<br />

Die Anforderungen <strong>für</strong> die Beibehaltung hoher Regulierungshürden sind nach übereinstimmender<br />

Meinung der mit Regulierungsfragen befassten Ökonomen sehr hoch<br />

gesetzt. Es geht letztlich nicht darum zu beweisen, dass eine bestehende Regelung in<br />

einem bestimmten Kontext keinen Schaden stifte oder ihre Umsetzung nicht durch die<br />

profitierende Interessengruppe in manipulativer Weise beeinflusst werde. Wenn solches<br />

142 Aufschlussreich sind in diesem Zusammenhang die Studien, Analysen und statistischen Erhebungen,<br />

die im Zusammenhang mit der Diskussion um die Auswirkungen der Gewerbefreiheit im 19. Jahrhundert<br />

in Deutschland und Österreich entstanden sind. Ökonomen aus dem Umkreis des Vereins <strong>für</strong><br />

Socialpolitik (hierzu Verein <strong>für</strong> Socialpolitik 1895-97; Bücher 1898a) förderten damals weitaus<br />

mehr relevantes Material bezüglich Gründungsstatistik und Handwerksentwicklung zutage als man<br />

ihnen aus heutiger Sicht in Kenntnis der Datendefizite wohl gemeinhin zugetraut hätte. Die Ergebnisse<br />

zu den Effekten der (Einschränkung der) Gewerbefreiheit fielen – kaum überraschend – ambivalent<br />

aus (z.B. Schmoller 1978: 478).

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!