RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

234 Determinanten des Strukturwandels im deutschen Handwerk – Studie des RWI
4.4. Zwischenfazit
Handwerksunternehmen nehmen, wie unsere Unternehmensbefragung zeigt, in einem
beachtlichen, ihrer volkswirtschaftlichen Stellung durchaus entsprechenden Maße am
volkswirtschaftlichen Innovationsprozess teil. Dabei besteht der Part des Handwerks
insgesamt weitaus stärker in der anpassenden Übernahme an anderer Stelle entwickelter
als in der Entwicklung eigener technischer Neuerungen, also primär in der nachahmenden
und nicht der originären Innovationstätigkeit. In Rechnung zu stellen ist auch
eine zentrale Rolle des Handwerks als Mittler andernorts entwickelter Innovationen an
die Nachfrager handwerklicher Leistungen (z.B. Distribution neuer Industrieprodukte,
Beratung, Installation).
Die per Handwerksgesetzgebung vorwiegend dem Handwerk vorbehaltenen kleinbetrieblichen
Wirtschaftsbereiche unterscheiden sich in ihrem „Innovationsprofil“ nicht
wesentlich von anderen, „nichthandwerklichen“, aber ebenfalls kleinbetrieblich geprägten
Sektoren. Ungeachtet dessen gibt es freilich einzelne Handwerksunternehmen, die
alleine oder in Kooperation mit Dritten herausragende originäre Innovationsleistungen
vollbringen. Erinnert sei hier z.B. an die großen, noch heute in die Handwerksrolle
eingetragenen Filialunternehmen der Lebensmittelbranche und des Dienstleistungsgewerbes.
Kasten V-3
Zentrale Ergebnisse der Unternehmensbefragung
1. Handwerksunternehmen führen in erheblichem Maße Prozess- und Produktinnovation im Sinne der –
sehr breiten, derivative Neuerungen einschließenden – OECD-Definition durch. Die Vielfältigkeit der
Handwerksunternehmen spiegelt sich in großen Unterschieden im Innovationsverhalten wider:
– Kleinstunternehmen sind im Durchschnitt weniger innovativ als Unternehmen mit 5 und mehr Beschäftigten.
– Diffusionsbezogene Innovationsaktivitäten überwiegen gegenüber originären Innovationen.
– Es sind erhebliche Differenzen im Innovationsverhalten zwischen den Gewerken und funktionalen
Gruppen festzustellen.
– Die Unternehmen des Konsumgüterhandwerks zeichnen sich durch eine intensive produktorientierte
Innovationstätigkeit aus, bei der es zumeist um marginale Verbesserungen bestehender Angebote
geht, die an anderer Stelle entwickelte Neuerungen nachahmen.
– Die Übernahme neuer Fertigungstechnologien begünstigt in anderen Bereichen – z.B. dem holzproduzierenden
Gewerbe – eine rege prozessorientierte Innovationstätigkeit.
– Die Qualifikation des Inhabers und Geschäftsführers übt offensichtlich einen erheblichen Einfluss auf
das Innovationsverhaltens eines Handwerksbetriebes aus. Zusatzqualifikationen zum Meistertitel
(Techniker und/oder Betriebswirt des Handwerks) wirken sich günstig auf das Innovationsverhalten
aus.
2. Das Innovationsverhalten der Handwerksunternehmen unterscheidet sich erheblich von demjenigen
der in den gleichen Märkten tätigen Industrieunternehmen. Bei den Handwerksunternehmen stehen
inkrementale Produktinnovationen im Vordergrund, bei den Industrieunternehmen hingegen ausgeprägtere
Produktneuerungen eine größere Rolle. Die hier bestehenden Unterschiede stehen nicht primär
im Zusammenhang mit der Handwerkseigenschaft, sondern erklären sich vor allem aus der starken
Präsenz kleinster und kleiner Unternehmen im Handwerk und der Branchenstruktur des Samples.