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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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Kapitel III: Determinanten des Strukturwandels im Handwerk - Ex-post-Analyse 57<br />

men, sich zunächst von ihren „marginalen“ Arbeitskräften zu trennen stärker zurückgegangen<br />

sein dürfte als die Vollzeitbeschäftigung.<br />

In der mittelstandspolitischen Diskussion wurde den KMU seit den achtziger Jahren<br />

immer wieder die Rolle eines „Beschäftigungsmotors“ zugesprochen. Kleine und mittlere<br />

Unternehmen, so die in der Literatur als „Mittelstandshypothese“ bekannt gewordene<br />

Aussage, trügen überproportional zum Beschäftigungswachstum in der Volkswirtschaft<br />

bei. Auf das Handwerk wurde dieses Argument nach Bekannt werden der in Fachkreisen<br />

gänzlichen überraschenden, spektakulären Ergebnisse der Handwerkszählung 1995<br />

<strong>für</strong> das alte Bundesgebiet übertragen. Die These, Beschäftigungsgewinne gingen in besonderem<br />

Maße auf kleine und mittlere Unternehmen zurück, erweist sich bei empirischer<br />

Prüfung <strong>für</strong> Deutschland als unzulässige Verallgemeinerung (Turk 2002: 269;<br />

hierzu auch Lageman, Löbbe u.a. 1999). Damit bestätigt sich <strong>für</strong> Deutschland die in den<br />

USA in den neunziger Jahren an der Arbeit von Birch (1981) laut gewordene Kritik<br />

(z.B. Davis, Haltiwanger, Schuh 1996; Harrison 1994).<br />

Dass das (westdeutsche) Handwerk eine solche Rolle in den vergangenen Jahrzehnten<br />

nicht gespielt haben kann, wird bei Betrachtung der Beschäftigungsentwicklung in<br />

Handwerk und Gesamtwirtschaft in den zurückliegenden 50 Jahren deutlich. Erklärungsbedürftig<br />

erscheint vor dem Hintergrund der langfristigen Beschäftigungsentwicklung<br />

vor allem das überaus hohe Ergebnis der Handwerkszählung 1995 und weniger der<br />

Schrumpfungsprozess in den zurückliegenden Jahren.<br />

2.5. Technischer Fortschritt und sektoraler Strukturwandel<br />

2.5.1. Einfluss des technischen Fortschritts auf das Handwerk<br />

Eine immer wieder in der Handwerksdiskussion aufgeworfene Frage lautet, ob der technische<br />

Fortschritt das Handwerk verdränge oder ob er lediglich den Charakter handwerklicher<br />

Tätigkeiten verändere. Unklarheiten in der Beantwortung dieser Frage entstehen<br />

zumeist daraus, dass der rechtliche Handwerksbegriff, der im Prinzip <strong>für</strong> die<br />

Aufnahme beliebiger moderner Berufe offen ist, mit einem umgangssprachlichen<br />

Handwerksbegriff vermengt wird, der im „Handwerk“ vornehmlich eine vorindustrielle<br />

Produktionsform erkennen will. 30 Es besteht kein Zweifel daran, dass „Handwerk“ im<br />

Sinne einer auf Handarbeit basierenden vorindustriellen Güterherstellung massiv verdrängt<br />

worden ist und dieser Verdrängungsprozess bis in die Gegenwart hinein anhält.<br />

Die Geschichte der Handwerksberufe kennt zahlreiche Tätigkeiten, die nicht mehr ausgeübt<br />

werden, sei es, weil der Bedarf hier<strong>für</strong> entfallen ist oder weil der Bedarf auf andere<br />

Art und Weise bedient wird (z.B. Kesselflicker, Besenbinder, Spitzenklöppler). Das<br />

Lexikon der untergegangen Berufe (Palla 1998) beschreibt anschaulich das Verschwinden<br />

handwerklicher Berufe im Zuge des wirtschaftlichen Strukturwandels. In vielen<br />

Bereichen ist das hier angesprochene vorindustrielle, nennen wir es der Einfachheit hal-<br />

30 Vgl. hierzu die Ausführungen zur Identität des Handwerks im Kapitel II.

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