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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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24 Determinanten des Strukturwandels im deutschen Handwerk – Studie des <strong>RWI</strong><br />

den Jahrzehnte hinweg stark angewachsenen Teil (geschätzte 20 % 6 ) der in der Handwerksrolle<br />

verzeichneten Unternehmen handelt es sich um „Mischbetriebe“, nämlich<br />

Unternehmen, die zugleich in der Handwerksrolle und in den Mitgliedsverzeichnissen<br />

der Industrie- und Handelskammer registriert sind. 7 In beiden Kammern werden die<br />

üblichen Grundbeiträge entrichtet. Die darüber hinaus zu zahlende Umlage bemisst sich<br />

nach dem von dem betreffenden Unternehmen angegebenen Anteil des handwerklichen<br />

bzw. des nichthandwerklichen Umsatzes. Es kommt also zu einer einvernehmlichen<br />

Beitragsteilung zwischen den zuständigen Kammern.<br />

Detaillierte Informationen über die von den wachsenden Unternehmen verfolgte Strategie<br />

bei der (in Grenzen freien) Wahl der Kammermitgliedschaft(en) liegen uns, abgesehen<br />

vom Faktum zunehmender Doppelmitgliedschaften, nicht vor. Etliche wachsende,<br />

anfangs in die Handwerksrolle eingetragene Unternehmen werden ihre Rolleneintragung<br />

bei zunehmender betriebswirtschaftlicher und emotionaler Entfernung vom<br />

Handwerk löschen lassen. Nicht wenige wachsende bzw. aus dem eigentlichen Tätigkeitsfeld<br />

des Handwerks ausscheidende Unternehmen verbleiben dagegen institutionell<br />

„mit einem Bein“ im Handwerk.<br />

Für diesen Verbleib ist keineswegs nur eine nostalgische Anhänglichkeit an das Handwerk<br />

maßgeblich, sondern ausschlaggebend hier<strong>für</strong> sind in der Regel handfeste ökonomische<br />

Interessen. Es besteht <strong>für</strong> die Unternehmen dann nämlich die Möglichkeit, im<br />

Tarifverbund des Handwerks zu bleiben und sich <strong>für</strong> die aus Arbeitgeberperspektive<br />

günstigeren Tarife zu entscheiden. Die Tariflöhne im Handwerk sind nämlich deutlich<br />

niedriger als in der Industrie (um rd. 15 %).<br />

2.5. Konsequenzen der Legaldefinition <strong>für</strong> die amtliche Statistik<br />

Die amtliche Statistik sieht sich bei der Erfassung des Handwerks in einer schwierigen<br />

Lage. Die Logik der Gewerbezweigsystematik ist eine andere als diejenige der Wirtschaftszweigsystematik.<br />

Der berufsständische Ansatz zur Gliederung eines Wirtschaftsbereichs<br />

ist dem normalen Herangehen der modernen Wirtschaftsstatistik wesensfremd.<br />

Handwerksstatistik ist deshalb stets separat zu generieren und ihre Erstellung ist mit<br />

zusätzlichen Kosten verbunden. Angesichts der Bemühungen um Kosteneinsparungen<br />

und Effizienzsteigerung seitens der Statistischen Ämter, aber wohl auch in Reaktion auf<br />

6 Verbandsstatistiken (ZDH oder DIHK) zur Bedeutung des Phänomens der Mischbetriebe liegen uns<br />

nicht vor. Gewisse Hinweise auf die Größenordnungen der Doppelmitgliedschaften könnte unsere<br />

ausführlich im Band II dargestellte Unternehmensbefragung liefern. Hier waren 171 der 619<br />

(27,6 %) teilnehmenden Handwerksunternehmen (Anzahl der auswertbaren Fragebögen) zugleich<br />

Mitglied einer IHK. Diese Zahl ist alle rdings mit großer Vorsicht zu interpretieren.<br />

7 Eine aus juristischer Sicht korrekte Definition der „Mischbetriebe“ würde wohl darauf abstellen,<br />

dass es sich um Betriebe handele, die „handwerkliche“ und „gewerbliche“ Aktivitäten in sich vereinen.<br />

Aus ökonomischer Sicht ist hier freilich zu fragen, wo hier die genaue Grenzlinie zu ziehen ist –<br />

so eine solche Abgrenzung heute überhaupt noch in allen Gewerken möglich sein sollte. Die Praxis<br />

der Kammermitgliedschaften hat sich längst weit von den hier angesprochenen juristischen Fiktionen<br />

entfernt.

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