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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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400 Determinanten des Strukturwandels im deutschen Handwerk – Studie des <strong>RWI</strong><br />

schaften – man könnte auch sagen, in allen entwickelten Industriewirtschaften – bestimmte<br />

volkswirtschaftliche Funktionen wie die Bereitstellung baugewerblicher Leistungen,<br />

Wartung und Reparatur von Industrieprodukten und die Versorgung der Bevölkerung<br />

mit bestimmten Dienstleistungen. Die Entwicklung der bedienten Märkte unterliegt<br />

im Wesentlichen den gleichen Gesetzmäßigkeiten und diese Märkte sind in Ländern<br />

mit gleichem Wohlstandsniveau und gleicher Bevölkerung im Allgemeinen recht<br />

ähnlich dimensioniert.<br />

Unseres Erachtens trägt der CDS-Ansatz vor dem Hintergrund der dargestellten Zusammenhänge,<br />

auch wenn er in den ENSR-Berichten nach 1994 nicht weiter verfolgt<br />

wurde, erheblich zur Versachlichung der Diskussion um die vermeintliche besonders<br />

ausgeprägte oder schwach entwickelte Dimension des Handwerks in dem einen oder<br />

anderen der europäischen Länder bei. Der Handwerkssektor ist im Grunde in den europäischen<br />

Ländern ähnlicher dimensioniert, als dies an institutionellen Definitionen orientierte<br />

Betrachtungen deutlich machen. Wernets (1952: 66) Einschätzung, dass sich<br />

dass Handwerk und Kleingewerbe überall in Europa, wo ihm freie Entwicklungsmöglichkeiten<br />

zur Verfügung stehen, in überraschender Stärke behauptet habe, trifft auch<br />

heute noch voll zu. Gleichfalls seine Feststellung, dass Ähnliches auch auf die USA<br />

zuträfe. Dass die südeuropäischen Länder über einen im Vergleich zu Mittel- und Nordeuropa<br />

stärker ausgeprägten Handwerkssektor verfügen, wie Tabelle IX-5 suggeriert, ist<br />

angesichts ihres historischen Entwicklungsrückstandes im Industrialisierungsprozess<br />

und unterschiedlicher Industrialisierungspfade plausibel.<br />

Dass ausgerechnet das in der deutschen Handwerksdiskussion als notorisches „handwerkliches<br />

Entwicklungsland“ geltende Großbritannien einen leicht höheren Anteil der<br />

Handwerksbeschäftigten aufweisen soll als Deutschland, mag auf den ersten Blick unplausibel<br />

erscheinen. Beim näheren Hinsehen erscheint dies allerdings, wenn man sich<br />

von den Denkkategorien der institutionellen Handwerksdefinitionen löst, durchaus möglich.<br />

Die Zahl der in handwerklichen Berufen tätigen Personen ist – neben anderen Bestimmungsfaktoren<br />

– stark abhängig von der Nachfrage der Bevölkerung nach lokal<br />

verfügbaren handwerklichen Produkten und Leistungen, z.B. des Nahrungsmittelhandwerks,<br />

des Installations-, des Kfz-Reparatur- oder des Friseurgewerbes. Es ist nicht einzusehen,<br />

warum britische Konsumenten, die heute über ein ähnliches Realeinkommen<br />

verfügen wie die deutschen Verbraucher, bedeutend weniger Handwerksleistungen konsumieren<br />

sollten (vgl. Schaubild IX-1). Die institutionellen Handwerksabgrenzungen<br />

erwecken hier einen sehr irreführenden Eindruck. Funktionale und sektorale Abgrenzungen<br />

von der Art des CDS-Ansatzes sind indessen durchaus geeignet, diesen falschen<br />

Eindruck zu korrigieren (vgl. Schaubild IX-1). Man vergleiche hierzu auch die irreführenden<br />

Auswirkungen der institutionellen, am Kunsthandwerk orientierten Abgrenzung<br />

des Handwerks in Spanien, bezogen auf den Vergleich Spanien-Deutschland.

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