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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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Kapitel III: Determinanten des Strukturwandels im Handwerk - Ex-post-Analyse 101<br />

ausgeübt. Dass hierdurch auch Ertragsspielräume im Handwerk, in dessen Kostenstruktur<br />

die Lohnkosten naturgemäß ein starkes Gewicht innehaben, verengt worden sind,<br />

liegt nahe. Tatsache ist, dass die Reform der sozialen Sicherungssysteme in der Vergangenheit<br />

wiederholt auf die lange Bank geschoben worden ist, obwohl die kritischen<br />

Implikationen des demographischen Wandels längst absehbar waren. In der laufenden<br />

Legislaturperiode wird der erste ernsthafte Versuch langfristig tragfähiger Reformen auf<br />

diesem Feld unternommen.<br />

Die Entwicklung der Lohnkosten wird allerdings im öffentlichen Diskurs zuweilen einseitig<br />

unter dem Aspekt der Lohnnebenkosten betrachtet. Dabei bleibt wohl oft ausgespart,<br />

dass die Lohnentwicklung und die Lohnstruktur, d.h. das Ausmaß der Lohndifferenzierung,<br />

mit Blick auf die Entwicklung der Arbeitslosigkeit bei den gering Qualifizierten<br />

nicht zuletzt im unteren Bereich der Lohnskala, wohl teilweise selbst zum Problem<br />

geworden sind. Zu Recht wird in diesem Zusammenhang auf eine mangelnde Flexibilität<br />

des deutschen Tarifrechts, übertrieben engherzige, nur scheinbar arbeitnehmerfreundliche<br />

Regelungen des Arbeitsrechts und verfehlte Anreizwirkungen des Sozialtransfersystems<br />

hingewiesen. Darüber, dass Arbeitsmarktrigiditäten zur hohen Arbeitslosigkeit<br />

in Deutschland beigetragen haben, besteht wohl weitgehende Einigkeit, darüber,<br />

was dies <strong>für</strong> einzelne Elemente der arbeitsmarktrelevanten Gesetzgebung konkret<br />

bedeutet, hingegen weniger.<br />

Die Lohnentwicklung und -struktur verdient in unserem Zusammenhang nicht zuletzt<br />

deswegen besondere Beachtung, weil sie mit den vielfach beklagten hohen Preisen <strong>für</strong><br />

Handwerksleistungen in Deutschland 48 in einem ursächlichen Zusammenhang steht.<br />

Wesentlich niedrigere und zugleich <strong>für</strong> die betreffenden Unternehmen profitable Preise<br />

<strong>für</strong> Leistungen des Bauhaupt- und des Ausbaugewerbes sind z.B. aus kalkulatorischer<br />

Sicht nur dann möglich, wenn gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen wird (z.B.<br />

Entsenderichtlinie, illegale Arbeitnehmerbeschäftigung, Tariftreuegesetze, Schwarzarbeit<br />

im ökonomischen, d.h. nicht handwerksrechtlichen Sinn). Letztere können unter<br />

Umständen leicht zum Teil des Problems werden, zu dessen Lösung sie eigentlich beitragen<br />

sollten.<br />

Die ordnenden Eingriffe des Staates in die Bauwirtschaft, den Sektor also, der in den<br />

vergangenen Jahren wie kein anderer die negative wirtschaftliche Entwicklung des<br />

Handwerks geprägt hat, sind in diesem Zusammenhang zwiespältig zu bewerten. Einerseits<br />

könnte die faktische Einführung einer Mindestlohngesetzgebung <strong>für</strong> den Bausektor<br />

hier auf längerer Sicht eher zur Verschleppung fälliger unternehmerischer Anpassungsprozesse<br />

führen und wettbewerbsdämpfend wirken. Es kann andererseits kaum bestritten<br />

werden, dass es seinerzeit angesichts der sozialpolitisch kritischen Entwicklungen<br />

48 Der empirische Nachweis, dass Handwerkspreise in Deutschland gemessen an vergleichbaren EU -<br />

Staaten aus Nord- und Westeuropa tatsächlich exzeptionell hoch sind, wurde bislang durch niemanden<br />

erbracht und kann auf Basis des zur Verfügung stehenden Datenmaterials wohl auch nicht geführt<br />

werden (vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel IX).

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