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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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Kapitel X: Modernisierung des Handwerksrechts 445<br />

meren Positionen wie der Forderung nach einer Beschränkung der nichthandwerklichen<br />

Gewerbe abgerückt ist. Sie hat sich allerdings kaum darum bemüht, eine der eingangs<br />

gestellten Fragen schlüssig zu beantworten. Die berufsständischen Argumentationen<br />

traten in der Diskussion um die Wiedereinführung des Meisterzwangs in den frühen<br />

fünfziger Jahren zwar viel verhaltener zutage, waren aber unterschwellig noch stark<br />

präsent. Die hierbei vorgetragenen Argumente – z.B. Schutz des Handwerks vor „ruinöser<br />

Konkurrenz“, Abwehr der „Pfuscharbeit“ – haben denn auch in den Folgejahrzehnten<br />

den Kritikern des großen Befähigungsnachweises immer wieder in der wirtschaftspolitischen<br />

Diskussion um den Sinn des Meisterzwangs Munition in die Hände gespielt,<br />

ließ sich an ihnen doch leicht eine starke gruppenegoistische Interessenverhaftung des<br />

Kampfs um die Meisterpflicht, ein marktfeindlicher Reflex und eine zünftlerischmerkantilistische<br />

Grundstimmung der Handwerkerbewegung demonstrieren.<br />

Die fachökonomische Kritik am großen Befähigungsnachweis konzentriert sich auf<br />

die Auswirkungen der Marktzutrittsregulierung auf den Wettbewerb auf den Handwerksmärkten<br />

(z.B. Deregulierungskommission 1991: 117-132; Bode 2003; Donges<br />

1992; Fredebeul-Krein, Schürfeld 1998: 105-147; Habermann 1990; Hellwig 2003;<br />

Monopolkommission 1998, 2001; Soltwedel 1986; SVR 2002: 223; Watrin 1958: 38ff.;<br />

Schlaghecken 1969: 111-117). Die Handwerksordnung begrenze den Markzutritt faktisch<br />

so, dass auf den Handwerksmärkten monopolistische Strukturen entstünden und<br />

die Anbieter auf diese Weise Monopolrenten erzielten. Die Preise seien somit höher als<br />

die sich bei vollkommenem Wettbewerb einstellenden Gleichgewichtspreise. Die Konsumenten<br />

müssten nicht nur relativ hohe Preise, sondern auch Einbußen an Qualität und<br />

Kundenfreundlichkeit sowie eine Einengung des handwerklichen Leistungsspektrums in<br />

Kauf nehmen. Die Verbraucher seien vor allem bei kleineren Handwerkerleistungen auf<br />

die Dienste von Schwarzarbeitern angewiesen.<br />

Die vor allem durch historische Muster der Arbeitsteilung geprägten Gewerkeabgrenzungen<br />

hielten mit dem technischen Fortschritt und den produktionsorganisatorischen<br />

Wandlungen nicht Schritt und schafften künstliche Reservate <strong>für</strong> einzelne Handwerksberufe,<br />

die von den Marktinsidern auf Kosten der Allgemeinheit – Effizienzverluste,<br />

Bürokratiekosten, Kosten der durch die HwO generierten einschlägigen Rechtsprechungsakte<br />

– gegen Außenseiter verteidigt würden (zu letzterem z.B. Mirbach 1986 und<br />

Wörle 1993). Dies sei ein Ordnungsansatz, der dem auch <strong>für</strong> die soziale Marktwirtschaft<br />

maßgebenden Modell des freien Wettbewerbs zutiefst zuwiderliefe. Die künstlich herbeigeführte<br />

Verringerung der Wettbewerbsintensität führe dazu, dass die Innovationskraft<br />

des Handwerks geschwächt und die Dynamik der betroffenen Zweige der gewerblichen<br />

Wirtschaft gehemmt werde.<br />

Demgegenüber wird von Verteidigern des großen Befähigungsnachweises insbesondere<br />

in den Interessenorganisationen des Handwerks argumentiert (z.B. ZDH 1997), dieser<br />

erst habe die Grundlage <strong>für</strong> die eindrucksvolle Leistungsbilanz des deutschen Handwerks<br />

gelegt. Unter seinem Regime sei das Handwerk mittlerweile zum beschäftigungsstärksten<br />

Wirtschaftssektor avanciert und überträfe insofern sogar die Industrie an Bedeutung.<br />

Nur durch den Meisterzwang habe das deutsche Handwerk einen überaus ho-

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