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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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Kapitel V: Strukturwandel im Handwerk I: Branchenübergreifende Aspekte 151<br />

ger Jahre hinein waren zum Teil massive Liquidationsüberschüsse zu vermerken, der<br />

Unternehmensbestand im westdeutschen Handwerk schrumpfte beträchtlich.<br />

Die in den Gründungsquoten (Relation Neugründungen/Ausgangsbestand) zum Ausdruck<br />

kommende Gründungsdynamik im Handwerk hat im betrachteten Zeitraum deutlich<br />

zugenommen. War 1970 eine Gründungsquote von 3,3 % zu verzeichnen, so lag<br />

diese 25 Jahre später (1995) bei 5,3 %. In diesen Zahlen schlägt sich sowohl ein gestiegenes<br />

Interesse der Gründungsberechtigten an der Gründung einer selbständigen Existenz<br />

im Handwerk nieder als auch der arithmetische Effekt der Bestandsschrumpfung.<br />

Die durchschnittliche Zahl der Neugründungen pro Jahr im Handwerk hat von der ersten<br />

Hälfte der siebziger bis zur ersten Hälfte der neunziger Jahre um rd. 5.000 zugenommen.<br />

Die Gründungsquote 1995 läge bei 4,4 % und nicht bei 5,3 %, wenn man den<br />

Unternehmensbestand von 1970 zugrunde legen würde.<br />

Die Unternehmensschließungen im westdeutschen Handwerk verharren seit Mitte der<br />

achtziger Jahre im Gegensatz zu den Neugründungen auf einem fast gleich bleibenden<br />

Niveau (vgl. Tabelle V-1). Die Marktfluktuation (Summe Gründungsquote + Schließungsquote)<br />

68 ist vor diesem Hintergrund über lange Zeiträume fast konstant gebleiben.<br />

Die in Tabelle V-1 aufgeführten Gründungszahlen beziehen sich ausschließlich auf<br />

Neugründungen. Jahr <strong>für</strong> Jahr geht auch eine beträchtliche Zahl von Unternehmen aus<br />

Altersgründen aus dem Berufsleben ausscheidender Handwerksmeister an Betriebsnachfolger<br />

über. Wir schätzen deren Anteil an den Rolleneintragungen auf knapp<br />

25 %. 69 Eine unter Einbeziehung der Betriebsübernahmen berechnete Existenzgründungsquote<br />

70 (Gründungsquote + Übernahmequote) hätte 1994 bei rd. 9 % gelegen.<br />

Die in Tabelle V-1 ausgewiesene und bereits im Kapitel III thematisierte Zunahme der<br />

Gründungsaktivitäten im westdeutschen Handwerk in den achtziger Jahren und frühen<br />

neunziger Jahren hat mit konjunkturtuellen Entwicklungen nichts zu tun. Sie ist<br />

vielmehr auf Veränderungen der Muster des Erwerbsverhaltens und des technologischen<br />

sowie betriebsorganisatorischen Umfelds in der Wirtschaft zurückzuführen, die<br />

sich auch in der Gesamtwirtschaft – und dort noch erheblich akzentuierter – bemerkbar<br />

machten. Der säkulare Betriebsschwund im westdeutschen Handwerk war damit einstweilen<br />

beendet.<br />

68 Hier mit ist der Wechsel im Betriebsbestand angesprochen, und nicht derjenige Im Inhaberbestand.<br />

Die Fluktuation bei den letzteren ist infolge der im Markt sehr häufigen Bertriebsübergaben natürlich<br />

bedeutend höher (zu den Begriffen vgl. Flick 1974: 10-11).<br />

69 Dieser Schätzwert stützt sich auf die bereits zitierten Angaben der HZ 1995.<br />

70 Dieser Begriff wird im Anschluss an eine in jüngster Zeit im Handwerk wohl in Reaktion auf die im<br />

öffentlichen Diskurs gepflegte „Gründungstonnenideologie“ und die relativ niedrigen originären<br />

Gründungsquoten des Handwerks gebraucht. Aus volkswirtschaftlich-analytischer Sicht ist er eher<br />

dubios: Die Übernahme eines Malerbetriebs durch den ohnehin seit der Lehre im Betrieb tätigen<br />

Sohn z.B. ist keine Gründung, die Betriebsübernahme durch einen Betriebsfremden z.B. per Betriebsübergabebörse<br />

rekrutierten Betriebsnachfolger hingegen wohl im soziologischen Sinn eine „Existenzgründung“,<br />

im Sinn der ökonomischen Gründungsforschung aber eine derivative Gründung.

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