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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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Kapitel III: Determinanten des Strukturwandels im Handwerk - Ex-post-Analyse 37<br />

anhaltende ausgeprägte Wachstumsphase der westdeutschen Wirtschaft in den fünfziger<br />

und frühen sechziger Jahren wies allerdings im Gegensatz zu dieser, heute als<br />

überholt geltenden Auffassung durchaus ein zyklisches Muster auf.<br />

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Zerlegung der Wirtschaftsbewegung in Konjunktur-<br />

und Strukturkomponenten als methodischer Kunstgriff dar (hierzu, auch heute<br />

noch aktuell: Wagemann 1928: 24), der nur mit größter Vorsicht angewendet werden<br />

darf. Dies ist bei der Analyse der jüngsten Entwicklung des deutschen Handwerks in<br />

Rechnung zu stellen. Hierbei ist angesichts der Präsenz des Handwerks in (fast) allen<br />

Wirtschaftszweigen eine Begrenzung auf die Analyseebene des Aggregats „Handwerk“<br />

nicht sinnvoll. Vielmehr sind auch sektorale Entwicklungen innerhalb der Handwerkswirtschaft<br />

zu berücksichtigen.<br />

Schließlich ist auf die in ihrer analytischen Bedeutung kaum zu überschätzende Wahl<br />

des Beobachtungszeitraums zu verweisen. Würden sich die Betrachter darauf beschränken,<br />

allein die zurückliegenden sechs Jahre (1996-2002) – die Zeit seit Beginn<br />

des neuen, an der in der Handwerkszählung 1995 erfassten Grundgesamtheit ansetzenden<br />

Erhebungszyklus der vierteljährlichen amtlichen Handwerksberichterstattung – in<br />

den Blick zu nehmen, so wäre ein fundiertes sachliches Urteil über Hintergründe und<br />

Bedeutung der jüngsten Schrumpfungsprozesse überhaupt nicht möglich. Negative<br />

Entwicklungen könnten unter Hinweis auf frühere konjunkturelle Abschwünge entweder<br />

verharmlost oder überzeichnet werden. Eine wissenschaftlich solide Struktur- und<br />

Konjunkturforschung darf daher die langfristigen Entwicklungen nicht ausblenden und<br />

ist dazu verpflichtet, den im Wissen um sie angelegten Erfahrungsschatz zu nutzen.<br />

Die Langfristbetrachtung der Handwerksentwicklung wird freilich durch die Datenmisere<br />

im Handwerk der neunziger Jahre nicht eben erleichtert. 15 Ein <strong>für</strong> das Handwerk überaus<br />

eindrucksvolles, indessen aus den im Kapitel II angesprochenen Gründen überhöhtes<br />

Ergebnis der Handwerkszählung 1995 hat wohl viel zur Legendenbildung über<br />

eine vermeintliche jahrzehntelange Prosperität des westdeutschen Handwerks 16 beigetragen<br />

(vgl. z.B. die Einschätzung in Dispan 2003: 2, 122). Vor einem solchen Hintergrund<br />

stellt sich der abrupte „Absturz“ des Handwerks in den späten neunziger Jahren<br />

nur umso krasser dar.<br />

Die langen Reihen relativieren indessen dieses Bild wesentlich, offenbaren aber<br />

zugleich auch, dass „Konjunktur“ das, was gegenwärtig im Handwerk geschieht,<br />

nicht ausreichend erklärt. Erst vor dem Hintergrund einer engen Verzahnung einer<br />

kurz-, mittel- und langfristigen Betrachtung wird die reale Bedeutung der derzeitigen<br />

15 Dieses Datenproblem (gravierende Diskrepanzen zwischen Handwerkszählung 1995 und vierteljährlicher<br />

amtlichen Handwerksberichterstattung vor und nach dieser Zählung) wird in der vorliegenden<br />

Arbeit nur am Rande thematisiert, soweit dies <strong>für</strong> eine objektive Interpretation der Entwicklungen im<br />

Handwerk unbedingt notwendig ist.<br />

16 Die Langfristbetrachtung im ersten Teil des Kapitels beschränkt sich auf das westdeutsche Handwerk.<br />

Die Einbeziehung des ostdeutschen Handwerks wäre aufgrund der anders gearteten institutionellen<br />

und wirtschaftlichen Strukturen in der DDR nicht sinnvoll.

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