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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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Kapitel IV: Determinanten des Strukturwandels im Handwerk in der wissensbasierten Ökonomie 105<br />

KAPITEL IV<br />

DETERMINANTEN DES HANDWERKLICHEN STRUKTURWANDELS<br />

IN DER WISSENSBASIERTEN ÖKONOMIE:<br />

WAS BLEIBT, WAS ÄNDERT SICH?<br />

1. Handwerklicher Strukturwandel im 21. Jahrhundert<br />

1.1. Handwerksentwicklung aus der Sicht der „longue durée“<br />

Aufgabe der vorliegenden Studie ist es nicht nur, den neuen Einflussfaktoren nachzugehen,<br />

welche den Wandel der Handwerkswirtschaft determinieren, sondern ein umfassendes<br />

Bild der Einflüsse zu zeichnen, denen das Handwerk unterliegt. Die „Determinanten“<br />

sind zu analysieren, unabhängig davon, ob es sich um alte oder neue, um säkulare<br />

oder gerade erst neu in Erscheinung tretende Bestimmungsfaktoren handelt. Ein<br />

Topos zeitgenössischen Denkens will freilich nur das Neue gelten lassen und schätzt<br />

ältere, schon länger wirksame Einflussfaktoren gering. Eine Lektüre einschlägiger Literatur<br />

lenkt den Blick des Betrachters denn auch ganz auf (vermeintlich) neue Faktoren<br />

wie die IuK-Technologien oder die Globalisierung. Eine solche Verengung der Perspektive<br />

wird der Entwicklung des Handwerks aus prinzipiellen Gründen nicht gerecht.<br />

Aus wirtschaftsgeschichtlichen Untersuchungen, nicht zuletzt aus den Arbeiten der Annales-Schule<br />

ist bekannt, welche überragende Bedeutung langfristig wirksame Determinanten<br />

struktureller Entwicklung – anders gewendet die „longue durée“ – <strong>für</strong> das wirtschaftliche<br />

Geschehen haben (Braudel 1992, 1997). Am grundlegenden Faktum, dass<br />

die Ursprünge des heutigen Strukturwandels des Handwerks in das frühe 19. Jahrhundert,<br />

bis in die Anfänge des Industrialisierungsprozesses zurückreichen, ändern die heutige<br />

Globalisierungswelle und das Internet nichts. Für unser Thema bedeutet dies, dass<br />

lang- und kurzfristig wirkende Determinanten, also solche die „schon immer“ die Entwicklung<br />

des Handwerks bestimmt haben und solche, die sich aufgrund wirtschaftlicher,<br />

technologischer und gesellschaftlicher Entwicklungen erst neuerdings bemerkbar<br />

machen oder ein neues Gewicht bekommen, gleichermaßen zu berücksichtigen sind.<br />

Vielfach erscheint der hier angesprochene Gegensatz zwischen „alt“ und „neu“ allerdings<br />

als reichlich künstlich konstruiert. Die Bevölkerungsentwicklung z.B. – Wachstums-<br />

und Schwundprozesse, Veränderungen der Altersstruktur, Urbanisierung, Wandel<br />

der Haushaltsstrukturen – hat die Entwicklung des Nahrungsmittelhandwerks im 19.<br />

und 20. Jahrhundert letztlich stets stark beeinflusst. An diesem prinzipiellen Einfluss<br />

des demographischen Faktors ändert sich im 21. Jahrhundert überhaupt nichts, allerdings<br />

artikuliert er sich heute völlig anders als vor 100 Jahren – zum Teil sogar diametral<br />

entgegengesetzt. Die Zeichen sind heute nämlich nicht mehr auf Expansion, sondern<br />

auf Schwund, Kleinsthaushalte und „Vergreisung“ gestellt.<br />

Vor diesem Hintergrund ist die Frage nach den Determinanten wie folgt zu präzisieren:<br />

Welche Determinanten bestimmen im beginnenden 21. Jahrhundert den Strukturwandel<br />

des deutschen Handwerks und wie wirken diese auf gesamtwirtschaftlicher, sektoraler<br />

und betrieblicher Ebene? Bei Behandlung der Frage ist eine Auswahl und Prioritätsset-

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