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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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Kapitel X: Modernisierung des Handwerksrechts 499<br />

ren Aktivitäten stark umorientieren müssten. An die Stelle der per quasi-behördlichen<br />

Status abgesegneten „Verkäufermarktorientierung“, die heute das Bild bestimmt, müsste<br />

eine durchgängige „Käufermarktorientierung“ treten. Die hierin liegende Herausforderung<br />

ist nicht zu unterschätzen. In dieser Entwicklung läge wohl auch der Ansatz zu<br />

einem stärkeren institutionellen Wettbewerb mit privaten Leistungsanbietern und<br />

IHKs. Zu berücksichtigen ist hier freilich, dass die Handwerkskammern bereits heute<br />

über ein beachtliches Know-how auf diesen Gebieten verfügen, welches ihnen das Engagement<br />

in einem solchen Wettbewerb erleichtern sollte.<br />

Die durchschnittliche Identifikation der selbständigen Handwerker mit ihren Kammern<br />

ist nach übereinstimmender Auskunft der auf diesem Feld tätigen Akteure weitaus höher<br />

als diejenige der Unternehmer anderer Bereiche der gewerblichen Wirtschaft mit<br />

den Industrie- und Handelskammern (z.B. Dietz 2000: 17). Auf die handwerklich geprägten<br />

Fachverbände dürfte im Wesentlichen das Gleiche zutreffen. 177 In der verhältnismäßig<br />

starken Identifikation der Handwerker mit „ihren“ Kammern und Verbänden<br />

liegt ein Pfund, mit dem die staatlichen <strong>Institut</strong>ionen bei der Umsetzung von Aktivitäten<br />

der Wirtschaftsförderung wuchern können. Dies sollte bei der zumindest auf längere<br />

Sicht fälligen Neuordnung des deutschen Kammerwesens beachtet werden. Als wünschenswert<br />

erscheint aus unserer Sicht ein institutioneller Wettbewerb der Kammersysteme<br />

um Mitglieder, um Dienstleistungen <strong>für</strong> Unternehmen und Existenzgründer sowie<br />

um den Einsatz staatlicher Fördermittel.<br />

Schließlich sollten die Handwerkskammern – auf längere Sicht und unabhängig von der<br />

Novelle 2003 – die Möglichkeit erhalten, künftig in einem institutionellen Wettbewerb<br />

mit der Industrie und den nichthandwerklichen Dienstleistungssektoren den Meister<br />

als Qualitätssiegel auch <strong>für</strong> solche Wirtschaftsaktivitäten anzubieten, die nicht zum<br />

Handwerk bisheriger Definition gehören. Der Meistertitel könnte sich – wie in der<br />

Schweiz – im freien Wettbewerb von Qualifikationsangeboten und Bildungsprädikaten<br />

bewähren; die berechtigten ordnungspolitischen Einwände gegen den Meisterzwang<br />

würden an dieser Stelle irrelevant. Aus dem Dilemma, dass die Stärke des organisierten<br />

Handwerks – garantierter Zugriff auf ansehnlich große Wirtschaftsbereiche – zugleich<br />

seine grundlegende Schwäche ist – Fixiertheit auf wenig dynamische, technologisch<br />

konventionelle Wirtschaftsbereiche –, führt unseres Erachtens nur ein Ausweg. Das<br />

Handwerk sollte sich organisatorisch auch jenseits seiner herkömmlichen, 1935 definierten<br />

Grenzen bewegen können, ohne dabei den „rechtlichen Zugriff“ auf diese Bereiche<br />

zu erhalten. Es würde das Prinzip des institutionellen Wettbewerbs mit der nicht-<br />

177 Dies schließt allerdings recht kritische Einschätzung der Wirksamkeit der handwerklichen Interessenvertretung<br />

der Handwerkskammern, der Innungen und Kreishandwerkerschaften gegenüber Staat<br />

und Öffentlichkeit nicht aus. So erhielten die Handwerkskammern in einer 1980 durchgeführten Umfrage<br />

(Beck: 1987: 99-108) unter selbständigen Handwerkern im Kammerbezirks Konstanz nur von<br />

27,2 % der Befragten die Noten „gut“ oder „sehr gut“ <strong>für</strong> ihre Interessenvertretung gegenüber staatlichen<br />

Instanzen, aber 49,5 % die Noten „ausreichend“ und „nicht ausreichend“ (25,3 % „weiß<br />

nicht“ oder keine Angabe, n = 3.720). Inwieweit diese Angaben <strong>für</strong> das deutsche Handwerk insgesamt<br />

repräsentativ sind bzw. auch die heutige Situation treffend wiedergeben, entzieht sich unserer<br />

Kenntnis.

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