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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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Kapitel IX: Europäischer Vergleich 411<br />

Ein Vergleich der Gründungs- und Schließungsquoten handwerksrelevanter Sektoren<br />

mit dem deutschen Handwerk zeigt die höhere Intensität des Gründungsgeschehens –<br />

und des mit diesem verbundenen Schließungsgeschehens -, die uns bereits aus dem<br />

deutschen Kontext vertraut ist. Wie in der deutschen Statistik der Gewerbemeldungen<br />

weisen die kleingewerblich strukturierten Wirtschaftssektoren, in denen die wirtschaftlichen<br />

Markteintrittsbarrieren relativ gering sind, ausgesprochen hohe Gründungsquoten<br />

auf. Solche Zweige hingegen, in denen Unternehmensgründungen einen höheren Kapitaleinsatz<br />

und mehr Know-how verlangen – insbesondere das Verarbeitende Gewerbe –<br />

weisen im Allgemeinen niedrigere Gründungsquoten auf. Auf die Schließungsquoten<br />

trifft das Gleiche zu.<br />

Auch die <strong>für</strong> die Jahre 1999 und 2000 ausgewiesenen Zwei- und Dreijahresüberlebensquoten<br />

der Neugründungen (vgl. Tabelle IX-10) bestätigen das Bild vieler struktureller<br />

Ähnlichkeiten im Gründungsgeschehen. Für das Vollhandwerk des Kammerbezirks<br />

Düsseldorf wurden im Durchschnitt Zwei- bzw. Drei-Jahres-Überlebensquoten von<br />

79,2 % und 71,4 % gemessen. Diese Werte bewegen sich im Spektrum der unten aufgelisteten<br />

europäischen Unternehmensregisterwerte. Diese Daten sollten im Detail nicht<br />

überinterpretiert werden. Schließlich handelt es sich bei der Unternehmensregisterauswertung<br />

um den ersten entsprechenden Analyseversuch auf europäische Ebene und<br />

aus den einzelnen, hier erfassten Ländern wird von erheblichen Erfassungsproblemen in<br />

der Anlaufphase der neu eingerichteten Register berichtet.<br />

Insgesamt sollten die hier angeführten Daten zu einer nüchternen Bewertung des deutschen<br />

handwerklichen Gründungsgeschehens ermutigen. Die aus wettbewerbsökonomischer<br />

Sicht fragwürdige These von einer einmaligen „Bestandsfestigkeit“ der deutschen<br />

Handwerksunternehmen wirkt vor dem Hintergrund der angeführten internationalen<br />

Daten doch übertrieben. Damit erweist sich aber auch gleichzeitig der Vorwurf einer<br />

überaus starken, so in anderen Ländern nicht anzutreffenden Abschottung der deutschen<br />

Handwerksmärkte durch den Meisterzwang nicht als stichhaltig. Diese Märkte zeigen<br />

ein Maß an unternehmensdemographischer Dynamik, welches etwa dem der französischen<br />

Handwerksmärkte, <strong>für</strong> die ein „diplôme de droit“ gefordert wird, und des Schweizerischen<br />

Baugewerbes entspricht. Dies sind gewiss keine sensationellen Befunde, aber<br />

immerhin Befunde, die zur Versachlichung der Diskussion beitragen sollten.<br />

Eine Auswirkung des großen Befähigungsnachweises auf das Gründungsgeschehen,<br />

die schon beim Vergleich von Handwerk und Handwerksähnlichen in Deutschland offensichtlich<br />

war, ist indessen auch hier unübersehbar. Überraschend ist hier freilich,<br />

dass schon die viel niedrigeren gesetzlichen Eintrittsbarrieren in Frankreich zu vergleichbaren<br />

„marktberuhigenden“ Effekten führen. Staatliche Qualifikationsauflagen<br />

führen offenbar in beiden Fällen eine Selektion unter den potenziellen Gründern herbei:<br />

Diejenigen, welche die betreffende Prüfung nicht nachweisen können, bleiben ausgesperrt;<br />

Interessenten, welche die Prüfung überhaupt scheuen, treten erst gar nicht an.<br />

Das auf dem großen Befähigungsnachweis beruhende deutsche Selektionssystem ist<br />

allerdings im europäischen Vergleich besonders rigide. Zugleich zeigt sich am Beispiel

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