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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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Kapitel II: Die Identität des Handwerks 33<br />

Wenn aufgrund des wirtschaftlichen Strukturwandels neue Berufsfelder vor allem außerhalb<br />

der durch das Recht gezogenen Grenzen der Handwerkswirtschaft entstehen,<br />

kann sich, was aus Verbandsperspektive zunächst eine Stärke der handwerklichen Organisation<br />

ausmacht, leicht als Fluch erweisen. Die Entwicklung der Handwerkswirtschaft<br />

und letztlich auch die Stärke und Durchsetzungsfähigkeit der Interessenorganisationen<br />

des Handwerks ist dann stark davon abhängig, wie dynamisch die Märkte sind,<br />

auf denen sich die Handwerksbetriebe betätigen. Aus wirtschaftshistorischer Sicht handelt<br />

es sich bei den Handwerksmärkten 14 , die traditionell mit bestimmten Handwerksberufen<br />

verbunden sind, ausnahmslos um „alte“ Märkte, die ihren Ursprung in der vorindustriellen<br />

Ära, im 19. Jahrhundert oder – wie das Kfz-Gewerbe – in der ersten Hälfte<br />

des 20. Jahrhunderts haben. Die meisten dieser Märkte sind nur bedingt expansionsfähig<br />

und die Entwicklung neuer High-Tech-Branchen findet außerhalb der Grenzen des Vorbehaltsbereichs<br />

der Handwerksordnung statt.<br />

3.3. Ausblick<br />

Es besteht kein Zweifel daran, dass die meisten der derzeit existierenden Handwerksberufe<br />

ihren Platz in der wissensbasierten Ökonomie des 21. Jahrhunderts behaupten werden.<br />

Untergangsprophezeiungen <strong>für</strong> das Handwerk sind daher heute ebenso deplaziert<br />

wie sie es am Beginn des 20. Jahrhunderts waren. Der im 20. Jahrhundert vollzogene<br />

Modernisierungsprozess wird sich in allen Bereichen des Handwerks fortsetzen. In diesem<br />

Rahmen wird sich das Handwerk immer weiter von den eingangs zitierten Idealvorstellungen<br />

handwerklicher Produktion, die aus dem 19. Jahrhundert stammen, und<br />

den mit ihnen einhergehenden Assoziationen (Individualproduktion, Personalität des<br />

Wirtschaftens, Handwerklichkeit der Leistungserstellung) entfernen. Auf diesem Weg<br />

wird es der modernen industriellen Produktion – vor allem natürlich dem Modell industrieller<br />

Kleinbetriebe – immer ähnlicher werden. Die durch das deutsche Handwerksrecht<br />

gepflegten, auf das traditionell Handwerkliche orientierten kognitiven Modelle<br />

von den Eigenheiten „handwerklicher Produktion“ werden zunehmend obsolet.<br />

Die institutionelle Definition des Handwerks per Handwerksrecht führt auf lange Sicht<br />

zwangsläufig in die Sackgasse einer organisatorischen Selbstbeschränkung des<br />

Handwerks auf stagnierende und schrumpfende Wirtschaftsbereiche, solange der Vorbehaltsbereich<br />

der Handwerksordnung nicht den veränderten strukturellen Gegebenheiten<br />

immer aufs Neue angepasst wird, d.h. im Sinne der Interessenorganisationen des<br />

Handwerks, auf neue, bislang nichthandwerkliche Aktivitätsbereiche ausgedehnt wird.<br />

14 Der Begriff “Handwerksmärkte“ ist aus analytischer Sicht problematisch, wiewohl unverzichtbar,<br />

weil er den falschen Eindruck erweckt, auf allen vom Handwerk bedienten Märkten tummelten sich<br />

nur oder fast ausschließlich Handwerksunternehmen. Dem is t nicht so: Es gibt einige wenige Märkte,<br />

die nur vom Handwerk bedient werden wie der stark regulierte Markt <strong>für</strong> Schornsteinfegerleistungen,<br />

deutlich mehr Märkte, die sich fast ausschließlich oder überwiegend auf Anbieterseite „in<br />

der Hand“ von Handwerksunternehmen und deren Konkurrenten aus der informellen Wirtschaft befinden<br />

(z.B. Friseure, Maler und Lackierer) und sehr viele Märkte, die zugleich von Handwerks-,<br />

Einzelhandels - und Industrieunternehmen bedient werden. Dies ist zu beachten, wenn im Folgenden<br />

zu beachten, wenn von „Handwerksmärkten“ gesprochen wird.

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