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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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434 Determinanten des Strukturwandels im deutschen Handwerk – Studie des <strong>RWI</strong><br />

durchschnittlich erzielten Nettoerträgen kompatibel, weniger aber mit den in Deutschland<br />

errechneten Nettokosten der Ausbildung. Vor dem Hintergrund der neuen Schweizer<br />

Untersuchungsergebnisse sollte die These, die Lehrlingsausbildung sei <strong>für</strong> deutsche<br />

Handwerksbetriebe im Allgemeinen – bezogen auf die in der Lehrzeit anfallenden betrieblichen<br />

Kosten und Erträge – ein Verlustgeschäft, wissenschaftlich überprüft werden.<br />

8. Fazit: Wie schneidet das deutsche Handwerk<br />

im europäischen Vergleich ab?<br />

Sobald man die Sphäre irreführender institutioneller Vergleiche der Handwerkswirtschaft<br />

europäischer Länder verlässt und sich – über berufsbezogene Beschäftigtenstatistiken,<br />

Gründungsquoten und Regulierungsvergleichen – dem realen Handwerkssektor<br />

nähert, verschwindet die Illusion der „Einzigartigkeit“ beispielsweise des deutschen<br />

oder des spanischen Handwerks. Die rechtliche Sonderstellung des Handwerks in<br />

Deutschland, Österreich und Luxemburg sollte somit nicht zu dem Schluss verleiten,<br />

das Handwerk dieser Länder stelle aus wirtschaftsanalytischer Sicht etwas Einzigartiges<br />

dar und sinnvolle grenzüberschreitende Vergleiche der betrieblichen und Branchenstrukturen<br />

seien nicht möglich.<br />

Vor allem sollte man strikt zwischen rechtlich verfassten Handwerksorganisationen und<br />

Handwerk trennen. Erstere basieren auf der Existenz des letzteren und sind Bestandteil<br />

der <strong>Institut</strong>ionen eines Landes, letzteres ist in der Unternehmenspopulation aller Industriewirtschaften<br />

auf breiter Basis präsent, auch wenn es weder ein spezielles Handwerksrecht<br />

noch spezifische Handwerksorganisationen gibt. In allen entwickelten Marktwirtschaften<br />

gibt es kleine und mittlere Unternehmen, welche in bestimmten Wirtschaftssektoren<br />

– Bauaktivitäten, Reparaturen, handwerksmäßige personen- und unternehmensbezogene<br />

Dienstleistungen, als Randphänomen auch die Erstellung „handwerklicher“<br />

Produkte mit vorindustriellen Methoden – die gleichen Funktionen erfüllen wie in<br />

Deutschland die Unternehmen des Vollhandwerks. Die Dimensionen dieses Handwerkssektors<br />

sind in den europäischen Ländern im Ganzen wohl ähnlicher als von Kritikern<br />

wie Be<strong>für</strong>wortern des großen Befähigungsnachweises unterstellt.<br />

Empirisch „harte“ Vergleiche sind nur über recht kostspielige eigene Primärerhebungen<br />

und aufwändige Auswertung nicht ohne weiteres zugänglicher nationaler Statistiken<br />

möglich. Dies war im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht zu leisten. Gewisse<br />

Schlussfolgerungen aus dem vorliegenden Datenmaterial sind allerdings durchaus vertretbar.<br />

Die Regulierungsdichte ist in Deutschland, Luxemburg und Österreich weitaus<br />

höher als überall sonst in Europa. Dies hat Auswirkungen auf Gründungen und Marktfluktuation<br />

sowie die betrieblichen Strukturen der Handwerkssektoren. Diese Effekte<br />

sind allerdings keineswegs so dominant wie dies Kritiker der Handwerksordnung bisweilen<br />

anzunehmen scheinen. Das Beispiel Frankreichs zeigt z.B., dass eine mit weicheren<br />

Instrumenten ausgeübte vorwettbewerbliche Selektion unter Gründungsinteressenten<br />

zu ähnlichen Wirkungen auf das Marktgeschehen und die Überlebensdauer der<br />

Gründungen führen kann wie das rigidere deutsche System.

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