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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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486 Determinanten des Strukturwandels im deutschen Handwerk – Studie des <strong>RWI</strong><br />

3.2.2.7. Berufliche Bildung<br />

Ob die berufliche Bildung durch die geplante Teilliberalisierung der HwO Schaden<br />

nehmen könnte, hängt maßgeblich von den Ausbildungsmotiven der ausbildenden Betriebe<br />

ab. Die periodisch wiederholten Kostenrechnungen des BIBB sprechen eher <strong>für</strong><br />

die starke Präsenz altruistischer Motive. Im neunten Kapitel wiesen wir auf die Interpretationsspielräume<br />

dieser Berechnungsansätze – auch mit Hinblick auf neuere Schweizer<br />

Befunde – hin. Ökonomische Motive dürften seit jeher in der Lehrlingsausbildung des<br />

Handwerks eine größere Rolle gespielt haben als von den Interessenvertretern des<br />

Handwerks eingeräumt. Betriebliche Kosten-Nutzen-Rechnungen im Zusammenhang<br />

mit der Einstellung von Auszubildenden sind durchaus ein notwendiges und rationales<br />

zweckmäßiges Instrument betriebswirtschaftlichen Kalküls, und sie stehen Handwerksunternehmen<br />

wohl an, die sich in den vergangenen Jahrzehnten in bemerkenswertem<br />

Maße <strong>für</strong> Methoden moderner Betriebsführung aufgeschlossen gezeigt haben.<br />

Ein korporatistisches Element spielt in den sich jährlich wiederholenden Lehrlingswerbekampagnen<br />

allerdings wohl auch eine erhebliche Rolle. Es wäre denkbar, dass es<br />

nach Einführung einer vom Handwerk nicht goutierten Novelle kurz- und mittelfristig<br />

stellenweise zu größeren Ausfällen in der Lehrlingsausbildung kommt. Diese würden<br />

sich aber, wenn man sich die Verteilung der Auszubildenden auf die künftigen Gewerke<br />

der Anlagen A und B ansieht, in relativ engen Grenzen halten. Fast alle wirklich ausbildungsstarken<br />

Handwerke verbleiben nach dem Regierungsentwurf in der Anlage A.<br />

Langfristig dürfte sich am starken, überproportionalen Ausbildungsbeitrag des Handwerks<br />

im Falle der Umsetzung des Regierungsentwurfs, aber auch bei einer gänzlichen<br />

Abschaffung des großen Befähigungsnachweises, nichts ändern.<br />

Mögliche abträgliche Folgen der Aufhebung des Meisterzwangs <strong>für</strong> die berufliche Erstausbildung<br />

könnten mit der wahrscheinlichen Veränderung der betrieblichen Strukturen<br />

einhergehen. Die kleineren Betriebe bilden erfahrungsgemäß in geringerem Maße aus<br />

als größere. Stellt man indessen in Rechung, dass auch heute nur eine Minderheit aller<br />

Handwerksbetriebe in der beruflichen Erstausbildung engagiert ist (1994 rd. 25 %) und<br />

auch bei veränderten betrieblichen Strukturen mit Sicherheit eine größere Zahl mittlerer<br />

und größerer Handwerksunternehmen am Markt präsent ist, verliert dieser Einwand an<br />

Gewicht. Ein Blick auf die Ausbildungsbilanz der Schweiz zeigt, dass man die Folgen<br />

einer Lockerung des Meisterzwangs <strong>für</strong> die berufliche Erstausbildung in Deutschland<br />

nicht dramatisieren sollte.<br />

Klagen bezüglich eines vermeintlich bevorstehenden Qualitätsverlustes der beruflichen<br />

Erstausbildung im Handwerk und eines Schwundprozesses beim qualifizierten Ausbildungspersonal<br />

erscheinen realitätsfern und sind nicht nachzuvollziehen. Weiterhin wird<br />

im Prinzip die Ausbildereignung als Voraussetzung <strong>für</strong> die Lehrlingsausbildung im eigenen<br />

Unternehmen gelten, und es ist nicht zu erwarten, dass die Handwerksmeister in<br />

einem liberalisierten System gänzlich von der Bildfläche verschwinden werden.

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