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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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Kapitel VIII: Die räumliche Dimension des handwerklichen Strukturwandels 375<br />

gebote von Friseuren, Textil- und Gebäudereinigern erfolgen idealer weise „in Laufnähe“<br />

zum Kunden. Mit sinkender Einwohnerdichte verringert sich jedoch der Unternehmensbesatz<br />

innerhalb der Ballungsräume. Am Beispiel der Gewerbegruppe VI sei auf<br />

den zunehmenden und miteinander kombinierten Einfluss von demographischen Prozessen<br />

– erhöhter Anteil älterer Menschen an der Bevölkerung - und den Segregationstendenzen<br />

in den Städten der Ballungsräume hingewiesen. Stadtgeographische und sozialwissenschaftliche<br />

Analysen untersuchen in jüngster Zeit verstärkt die Auswirkungen<br />

der kleinräumigen Differenzierungen der Bevölkerung - nach Alter und Kaufkraft - auf<br />

die Wirtschaftsstruktur von Stadtteilen.<br />

Danach scheinen sich beispielsweise in den Ruhrgebietsstädten der Hellwegzone, d.h.<br />

Duisburg, Essen, Bochum, Dortmund, sich Stadtteile heraus zu kristallisieren, welche<br />

durch eine kaufkräftige und immer älter werdende Wohnbevölkerung gekennzeichnet<br />

sind (Neumann 2002). Hier könnten die Gesundheitshandwerke, das Reinigungsgewerbe,<br />

das Lebensmittelhandwerk aber auch Betriebe der Textilbranche oder des Reparaturhandwerks<br />

wieder „goldenen Boden“ gewinnen, wenn sie den individuellen Wünschen<br />

der Senioren mit größter Flexibilität und Innovationsbereitschaft nachkommen.<br />

Aber auch die sich im Zuge der „Gentrification“ in Innenstadtlagen konzentrierenden<br />

jungen und gut verdienenden Angestellten des tertiären und quartären Sektors, entwickeln<br />

teilweise ähnliche Nachfragemuster wie die Senioren. Auch hier kann das dienstleistende<br />

Handwerk alte Stärken noch besser, ausspielen um neues Terrain zu erobern.<br />

Die bisher vorgefundenen Indizien sind noch zu schwach, um eine weitere Erhöhung<br />

der Standortdichte und des Beschäftigtenbesatzes in den so charakterisierten Stadtteilen<br />

mit Bestimmtheit vorherzusagen. Umgekehrt ist zudem zu fragen, wie sich das Handwerk<br />

zukünftig in den durch schwere soziale Probleme geprägten Räumen positionieren<br />

kann.<br />

Auch das Ansiedlungsverhalten der Nahrungsmittelgewerke (Bäcker/Konditor, Fleischer)<br />

wird durch das Motiv der Kundennähe bestimmt. Hier steigt hingegen der Unternehmensbesatz<br />

mit wachsender Entfernung vom Ballungskern. Dieses Phänomen wird<br />

durch mehrere, sich wechselseitig beeinflussende Prozesse hervorgebracht. In den Innenstädten<br />

der Agglomerationszentren vermögen nur vergleichsweise wenige aber beschäftigungsstarke<br />

Lebensmittelhandwerker, dem großbetrieblich organisierten Einzelhandel<br />

erfolgreich die Stirn zu bieten. Die Filialisierung stellt in diesem Wettbewerb ein<br />

wichtiges Instrument des Handwerks dar. Dagegen erscheinen die Ränder der Ballungsräume<br />

<strong>für</strong> die Konkurrenz des Lebensmittelhandwerks weniger profitabel zu sein und<br />

besitzen daher nicht die oberste Priorität beim Ausbau der Filialnetze <strong>für</strong> Supermärkte.<br />

Hier bestehen noch relativ gute Entwicklungsmöglichkeiten <strong>für</strong> kleine Unternehmen mit<br />

wenigen oder gar keinen gesonderten Verkaufsfilialen. Die oben beschrieben starke<br />

Präsenz von Lebensmittelhandwerkern in den Mall-Bereichen großer Einkaufszentren<br />

im Umland der Kernstädte scheint sich auch in den erheblichen Unterschieden hinsichtlich<br />

des Unternehmensbesatzes in den Kreistypen 1 und 2 niederzuschlagen.

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