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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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36 Determinanten des Strukturwandels im deutschen Handwerk – Studie des <strong>RWI</strong><br />

diesem Sinne handelt es sich bei den „strukturellen“ Faktoren um die große und heterogene<br />

„Residualmenge“ nichtkonjunktureller Faktoren.<br />

Entsprechend weit zu fassen ist das Spektrum möglicher struktureller Einflüsse: Veränderungen<br />

der demographischen Struktur, die Globalisierung der Märkte, die europäische<br />

Integration, neue Technologien, Konzentrationsprozesse auf den Märkten, die Umsetzung<br />

neuer Managementkonzepte in der Industrie gehören z.B. ebenso dazu wie die<br />

ordnungspolitischen Rahmensetzungen, prozesspolitische Entscheidungen (soweit diese<br />

strukturbildend wirken) wie auch externe Schocks (beispielsweise abrupte Erhöhungen<br />

von Rohstoffpreisen, Kriege, Terroranschläge, Naturkatastrophen).<br />

So leicht sich die begriffliche Unterscheidung von strukturellen und konjunkturellen<br />

Faktoren auf den ersten Blick ausnimmt, so schwierig ist die Identifizierung von strukturellen<br />

und konjunkturellen Faktoren in der Forschungspraxis, besonders dann, wenn<br />

es sich um wirtschaftliche Entwicklungen am aktuellen Rand des Geschehens handelt.<br />

Die Konjunkturzyklen weisen kein schematisches Verlaufsmuster auf, welches sich<br />

stets in gleicher Form wiederholen würde. Sie verändern im Gegenteil ständig ihre Gestalt<br />

und die den Schwankungen zugrunde liegenden Kausalbeziehungen sind durch die<br />

Wissenschaft trotz der enormen Erkenntnisfortschritte der Ökonomie im 20. Jahrhundert<br />

keineswegs restlos aufgeklärt. Von aktuellen Entwicklungen lässt sich stets nur im<br />

Nachhinein – mit angemessenem zeitlichen Abstand – mit Sicherheit sagen, ob es sich<br />

um (vielleicht besonders ausgeprägte) zyklische Schwankungen handelte oder um strukturelle<br />

Verwerfungen im wirtschaftlichen Prozess. Dem Beobachter der aktuellen Entwicklungen<br />

fehlen somit entscheidende Informationen zu einer treffsicheren Unterscheidung<br />

von „strukturellen“ und „konjunkturellen“ Einflüssen.<br />

Hinzu kommt, dass konjunkturelle und strukturelle Einflüsse in der Regel nicht unabhängig<br />

voneinander wirksam sind, sondern Bestandteil eines interdependenten Wirkungsgeflechts.<br />

Hierbei ist Folgendes zu beobachten:<br />

– Strukturelle Prozesse werden durch die konjunkturellen Entwicklungen verstärkt<br />

bzw. treten überhaupt erst in bestimmten konjunkturellen Umfeldern zutage. Die<br />

Schwundprozesse in schrumpfenden Branchen beschleunigen sich z.B. zumeist in<br />

Rezessionsphasen.<br />

– Konjunkturelle Entwicklungen beeinflussen ihrerseits die strukturellen Entwicklungen<br />

in der Volkswirtschaft, d.h. sie sind in der Regel nicht strukturneutral. Massenhafte<br />

Firmenzusammenbrüche in wirtschaftlichen Krisen können z.B. bestehende<br />

industrielle Produktionssysteme ernsthaft beschädigen und dadurch deren langfristigen<br />

Entwicklungspfad modifizieren.<br />

– Strukturelle Faktoren beeinflussen die Erscheinungsformen des Konjunkturzyklus in<br />

massiver Weise. Eine günstige strukturelle Wachstumskonstellation brachte z.B. den<br />

Juglar-Zyklus in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg in den entwickelten<br />

Marktwirtschaften in den Augen vieler Zeitgenossen zum Verschwinden. Die lang

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