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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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10 Determinanten des Strukturwandels im deutschen Handwerk – Studie des <strong>RWI</strong><br />

Anlage A der Handwerksordnung und Aktivitäten der handwerksähnlichen Gewerbe<br />

gemäß Anlage B. Für das Verständnis der Handwerksentwicklung ist wichtig, dass die<br />

Kluft zwischen dem, was man in der Umgangssprache unter „Handwerk“ versteht und<br />

dem, was im Sinne des Gesetzgebers „Handwerk“ ist, sich im Zuge des wirtschaftlichen<br />

Strukturwandels zwangsläufig verbreitern muss. Diesen Sachverhalt und die sich<br />

aus ihm ergebenden Konsequenzen <strong>für</strong> die Analyse des Handwerks darzustellen, ist<br />

Aufgabe des vorliegenden Kapitels.<br />

1.2. Inhaltliche Definitionsversuche<br />

Jeder Definitionsversuch des Handwerks hat zunächst die Mehrdeutigkeit des Handwerksbegriffs<br />

in Rechnung zu stellen. Unter „Handwerk“ können nämlich unterschiedliche<br />

Sachverhalte verstanden werden wie eine bestimmte Form der beruflichen Tätigkeit<br />

(Wernet 1959: 56-60; Hamer 1979: 11), eine Produktionstechnik, die soziale<br />

Schicht der Handwerker (Bücher 1898a, 1898b: 1042ff.; Ebert 1980: 511; Hamer 1979:<br />

12), eine rechtlich bestimmte Form des selbständigen Gewerbebetriebs (Tuchtfeldt<br />

1995:1202), ein großer, alle Handwerksunternehmen im rechtlichen Sinn umfassender<br />

branchenübergreifender Wirtschaftsbereich sowie die Handwerksorganisationen wie<br />

Innungen, Kammern und Verbände.<br />

Bemühungen um eine wissenschaftliche Begriffsbestimmung des Handwerks haben die<br />

Handwerksforschung seit dem 19. Jahrhundert beschäftigt. Essentialistische Definitionen<br />

haben versucht, das „Wesen“ des Phänomens „Handwerk“ zu ergründen und von<br />

hier aus einen differenzierten Handwerksbegriff zu entwickeln, so Wernet (1959: 56-<br />

60), ein profunder Kenner der Handwerkswirtschaft und Verfasser zahlreicher auch<br />

heute mit Gewinn zu lesender handwerksökonomischer Arbeiten. Solche auf die Erfassung<br />

des „Wesens“ des Handwerks abzielenden Definitionsversuche haben zu keinen<br />

überzeugenden Resultaten geführt.<br />

Pragmatische Definitionen bestimmen den Handwerksbegriff zumeist über die Aufzählung<br />

von <strong>für</strong> das Handwerk als relevant erachteten Attributen. Die am meisten verbreitete<br />

Begriffsbestimmung des Handwerks geht auf das Rencontre de St. Gall von 1949<br />

zurück und steht in der Tradition pragmatischen Definierens: „Handwerk ist selbständige<br />

Erwerbstätigkeit, gerichtet auf Befriedigung individualisierter Bedürfnisse durch<br />

Leistungen, die ein Ergebnis der Persönlichkeit des gewerblichen Unternehmers, seiner<br />

umfassenden beruflichen Ausbildung und des üblichen Einsatzes seiner persönlichen<br />

Mittel und Kräfte sind.“ (zitiert nach Tuchtfeldt 1995: 1202)<br />

Diese Begriffsbestimmung stellt solche „konstitutiven“ Merkmale des Handwerks in<br />

den Mittelpunkt, die auch sonst in der einschlägigen Literatur immer wieder betont<br />

werden (hierzu z.B. Bücher 1909; 862; Beckermann 1965: 8; Beckermann 1974: 11-15;<br />

Gutersohn 1977: 157-160; Schlaghecken 1969: 12):

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