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RWI - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung

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Kapitel X: Modernisierung des Handwerksrechts 493<br />

Eine Bilanz der wahrscheinlichen Effekte der Liberalisierung des Handwerksrechts fällt<br />

differenziert aus, ermutigt aber per saldo eher zur Reform:<br />

– Die Handwerksordnung in ihrer überkommenen Form hält mit der Dynamik der<br />

Märkte nicht Schritt und behindert auf längere Sicht auch mit Blick auf den europäischen<br />

Integrationsprozess eher die Partizipation der Handwerkunternehmen am<br />

volkswirtschaftlichen Innovationsprozess. Der bereits in Teilen des Handwerks zu<br />

beobachtende Aufbruchsprozess in neue Märkte und Tätigkeitsfelder, der herkömmliche<br />

Gewerkeabgrenzungen ignoriert und auch Marktchancen jenseits der überkommenen<br />

Grenzen des Handwerks sucht, wird sich im Zuge der Liberalisierung<br />

des Handwerksrechts wohl verstärkt fortsetzen.<br />

– Die HwO-Novelle wird zu mehr Wettbewerb auf den „Handwerksmärkten“ und zu<br />

einer Verbreiterung des Leistungsangebots in quantitativer, aber auch in qualitativer<br />

Hinsicht führen. Eine stärkere Preisdifferenzierung <strong>für</strong> handwerkliche Leistungen ist<br />

wahrscheinlich, generell niedrigere Handwerkspreise sind es dagegen nicht.<br />

– Die Anzahl der Gründungen in den liberalisierten Märkten wird vermutlich zunehmen,<br />

zugleich aber auch die Anzahl der Schließungen; die mittlere Überlebensdauer<br />

der Neugründungen wird abnehmen. Die durchschnittlichen Betriebsgrößen werden<br />

in den betroffenen Gewerken sinken.<br />

– Das durch die Novelle ausgelöste Beschäftigungswachstum wird sich wohl insgesamt<br />

in engen Grenzen halten. Allenfalls kurzfristig ist mit Beschäftigungszuwächsen<br />

in gewissen Bereichen zu rechnen.<br />

– Die Ausbildungsleistung des Handwerks erscheint vor allem kurz- und mittelfristig<br />

durch die drohende Verbreitung einer Verweigerungshaltung in Teilen des Handwerks<br />

gefährdet. Langfristig dürfte die Novellierung allerdings kaum einen substanziellen<br />

Einfluss auf die Höhe des Ausbildungsengagements der Handwerksbetriebe<br />

haben, weil das betriebliche Kosten-Nutzen-Kalkül dominieren wird.<br />

– Die soziale Kohäsion des Handwerks wird durch die Liberalisierung des Handwerksrechts<br />

nicht in Frage gestellt. Weder die mit dem Handwerk verbundene soziale<br />

Schicht noch der deutsche Mittelstand ist durch eine Liberalisierung des Handwerksrechts<br />

ernsthaft in seiner Existenz bedroht.<br />

Schließlich sollte nochmals betont werden: Die Fähigkeit zur Reform eines großen, überregulierten<br />

Bereichs der deutschen Wirtschaft ist in gewisser Weise Indiz <strong>für</strong> die<br />

Reformfähigkeit Deutschlands. Ein strukturkonservatives Festhalten an alterhergebrachten,<br />

keineswegs durch überzeugende Sachgründe zu rechtfertigenden Regularien könnte<br />

hingegen mit Recht als Zeichen da<strong>für</strong> gedeutet werden, dass die deutsche „politische<br />

Klasse“ die Zeichen der Zeit nach wie vor ignoriert, was kein gutes Omen <strong>für</strong> anstehende<br />

volkswirtschaftlich wichtigere und mit schmerzlicheren Einschnitten ins Interessengefüge<br />

verbundene Reformen wäre.

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